...wenn es um die Freiheit geht: Austria 1918 - 1938 /
...quando è in gioco la libertà: Austria 1918 - 1938
Österreichische Malerei und Graphik der Zwischenkriegszeit

26. Jänner – 18. März 2001

Kurator
Christoph Bertsch

Rudolf Schatz, "Ballonverkäufer", 1929, Ausschnitt, Österreichische Galerie, Wien
 
  Eröffnung
Donnerstag, 25. Jänner 2001, 18 Uhr

Eröffnung durch LH Dr. Wendelin Weingartner
Es sprechen Prof. Dr. Bertsch, Institut für Kunstgeschichte, Universität Innsbruck
Prof. Dr. Erna Appelt, Institut für Politikwissenschaft, Innsbruck
 
 

In einer Zeit erhöhter politischer, sozialer und künstlerischer Unsicherheit steht die Auseinandersetzung mit und die Suche nach der Freiheit im Zentrum des künstlerischen Schaffens. Dieser Thematik ist eine umfassende Ausstellung zur österreichischen Kunst der Zwischenkriegszeit gewidmet, die vom 24. November 2000 bis 13. Jänner 2001 im Palazzo Lanfranchi in Pisa und vom 26. Jänner bis 18. März 2001 in der Galerie im Taxispalais in Innsbruck zu sehen ist.

Steht die bildende Kunst Österreichs um 1900 seit Jahrzehnten im internationalen Rampenlicht, so wird die Kunst von 1918 bis 1938 in Österreich lange Zeit als rückständig und provinziell betrachtet und außerhalb des Landes kaum rezipiert: Eine Beurteilung, die mit dieser Ausstellung widerlegt werden soll. Sie gibt anhand von 100 entscheidenden Werken Österreichischer Künstlerinnen und Künstler einen einmaligen Überblick über deren Schaffen während der Ersten Republik. Die gegenständlichen Tendenzen des Expressionismus, der Neuen Sachlichkeit und des expressiven Realismus werden ebenso vorgestellt wie die gegenstandslosen und konstruktiven Arbeiten und Konzepte.

Erstmals werden Arbeiten von Emigranten, Vertriebenen und in Konzentrationslagern ermordeten Künstlerinnen und Künstlern in das Gesamtbild integriert. (u. a. Robert Kohl, Friedl Dicker, Franz Modlik, Helene Taussig). Zu Unrecht vergessene Künstlerpersönlichkeiten und markante Außenseiterpositionen erhalten eine kritische Würdigung. (u.a. Edmund Kalb, Paul Kirnig, Erwin Pendl). Themen der Arbeitswelt und der politischen Auseinandersetzung nehmen ebenfalls erstmals den ihnen angemessenen Stellenwert ein. Zudem werden wichtige, noch nie gezeigte Arbeiten der Österreichischen Kunst der Jahre zwischen den Weltkriegen, meist aus privaten Sammlungen, erstmals einem breiteren Publikum zugänglich gemacht, so Herbert v. Reyl-Hanisch, "Glaube-Hoffnung-Liebe", 1930; Hilde Goldschmidt, "Frauenakt", um 1920; Aloys Wach, "Österreich trauert um seine Söhne", 1931.

Das zentrale Thema dieser Ausstellung ist die Freiheit im Moment der Bedrängnis. Die Schrecken des Ersten Weltkrieges, die Unsicherheit nach dem Zerfall der Donaumonarchie und die politische Polarisierung und Radikalisierung in den zwanziger und dreißiger Jahren verstärken die Sehnsucht nach Freiheit und lassen diese zu einem wichtigen Thema der Österreichischen Kunst werden. Parallel dazu finden die Entwicklung der Psychoanalyse und die Gründung der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1920 durch Sigmund Freud statt. In der Kunst geht es um die Befreiung von traditionellen Zwängen. (Gegenstandslose Kunst, Zwölftonmusik, nach den Prinzipien der Moderne organisierte Architekturformen).

Drei große Bereiche bestimmen den Aufbau der Ausstellung. In der Abteilung der Bilder zu Krieg, Aufruhr, Revolution und Widerstand sind vor allem Albin Egger-Lienz, Oskar Laske, Alfred Kubin, Otto Rudolf Schatz, Rudolf Wacker, Oskar Kokoschka und Friedl Dicker zu nennen. Für die Beschäftigung mit der persönlichen Freiheit, dem Ich und der Verkettung psychischer Vorgänge stehen Herbert v. Reyl-Hanisch, Edmund Kalb, Klemens Brosch sowie Kokoschka und Wacker. Gegenstandslose, kinetische und konstruktive Ideen, das Thema des dritten Bereichs, der die Befreiung vom Gegenstand zum Inhalt hat, sind wichtige Anliegen u.a. von Erika Giovanna Klien, Elisabeth Karlinsky, Friedrich Kiesler, Hans Fritz und Fritzi Nechansky.

Die gezeigten Arbeiten stammen aus mehr als 40 öffentlichen und privaten Sammlungen in Österreich, Tschechien, Deutschland und Großbritannien. Fünfzig Künstlerpersönlichkeiten sind mit wichtigen Werken vertreten. "... wenn es um die Freiheit geht" – ein Zitat aus den 1928 entstandenen Seelenlandschaften von Herbert v. Reyl-Hanisch – zeigt eine spannende Gesamtschau des künstlerischen Schaffens in Österreich in den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen, ohne die bislang übliche Ausblendung bestimmter Themen und Inhalte.

Die Ausstellung wurde am Institut für Kunstgeschichte der Universität Innsbruck erarbeitet, das mit diesem Projekt einen weiteren Beitrag zur Erforschung und Präsentation der Österreichischen Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts leistet, ein Thema, das seit vielen Jahren eines seiner zentralen Forschungsgebiete darstellt.

Folgende Künstlerinnen und Künstler sind vertreten:
Georg Adams-Teltscher, Oswald Baer, Herbert Bayer, Albert Birkle, Herbert Boeckl, Hans Böhler, Klemens Brosch, Friedl Dicker Brandeis, Albin Egger-Lienz, Maximilian Florian, Grete Freist, Hans Fritz, Helene Funke, Hilde Goldschmidt, Carry Hauser, Raoul Hausmann, Leo Sebastian Humer, Georg Jung, Edmund Kalb, Elisabeth Karlinsky, Friedrich Kiesler, Paul Kirnig, Erika Giovanna Klien, Robert Kohl, Broncia Koller Pinell, Oskar Kokoschka, Anton Kolig, Fritz Krcal, Alfred Kubin, Oskar Laske, Franz Lerch, Paula Ludwig, Franz Modlik, Fritzi Nechansky, Ernst Nepo, Max Oppenheimer, Erwin Pendl, Herbert Ploberger, Lois Pregartbauer, Franz Probst, Herbert v. Reyl-Hanisch, Otto Rudolf Schatz, Franz Sedlacek, Karl Sterrer, Helene Taussig, My Ullmann, Aloys Wach, Rudolf Wacker, Otto Erich Wagner.
 
 

Wir danken unseren Partnern
RLB Raiffeisenlandesbank Tirol; Österreichisches Kulturinstitut, Rom; Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Wien; Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, Wien; Comune di Pisa; Ministero degli Affari, Rom; Tiroler Landesregierung, Kulturreferat; Vorarlberger Landesregierung, Kulturabteilung, Stadt Innsbruck; Universität Innsbruck

In Innsbruck werden zeitgleich zu "...wenn es um die Freiheit geht: Austria 1918 – 1938" zwei Einzelausstellungen bedeutender Künstler dieser Zeit gezeigt:
Herbert v. Reyl-Hanisch (Ausstellungsraum, Institut für Kunstgeschichte, Universität Innsbruck) und Ernst Nepo (Kunstbrücke, Raiffeisen Landesbank, Innsbruck) werden in umfassenden Werkschauen präsentiert.

Christoph Bertsch

 
 

Katalog
...wenn es um die Freiheit geht / ...quando è in gioco la libertà
Austria 1918 – 1938. Österreichische Malerei und Graphik der Zwischenkriegszeit
Hg. Christoph Bertsch
Text von Christoph Bertsch, Vorwort von Klaus Wölfer
Christian Brandstätter Verlag, Wien 2000
198 Seiten, 129 Abb.
ISBN 3-85498-085-X

 
Galerie im Taxispalais Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr LeseRaum: Di-Sa 11-18, Do 11-20 Uhr
T 0512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at