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Josef Dabernig
Film, Foto, Text, Objekt, Bau
16.
September – 5. November 2006 |
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Josef Dabernig, "Zalgiris Stadion", 2002, Lambda-print |
Josef Dabernig, "Luna Park", 1990, Lambda-print |
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Eröffnung
Freitag, 15. September 2006, 19 Uhr
Eröffnung durch HR Dr. Christoph Mader, Vorstand Abteilung
Kultur im Amt der Tiroler Landesregierung
Zur
Ausstellung spricht Christian Kravagna, Gastprofessor am Institut
für
Kunst- und Kulturwissenschaften der Akademie der bildenden
Künste Wien |
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Josef
Dabernig ist mit seinen Installationen und Filmen
international
präsent, u.a. war er auf der Manifesta 3, 2000, und den
Biennalen
von Venedig 2001 und 2003 vertreten. Die Ausstellung in der Galerie im
Taxispalais und der Katalog, die in Zusammenarbeit mit der Galerie
für Zeitgenössische Kunst in Leipzig und dem Bunkier
Sztuki
in Krakau entstanden sind, zeigen einen ausgewählten
Querschnitt
durch seine Arbeit, die dadurch gekennzeichnet ist, dass Dabernig sich
konzeptuell vielschichtig mit Ordnungssystemen auseinandersetzt.
Zu diesen Systemen gehören die Mathematik ebenso wie die
Stadtplanung, die Architektur, (oftmals) genormte Materialien,
theoretische oder naturwissenschaftliche Texte, aber auch genormte
Verhaltensweisen. Dabernig bezieht von außen kommende
Parameter
in sein künstlerisches Konzept ein und macht diese zu
veränderbaren Faktoren der jeweiligen Arbeit oder eines
gesamten
Projektes. Wichtig dabei ist, dass sich die Titel gebenden Kategorien
Film, Foto, Text, Objekt und Bau in einer einzelnen Arbeit
überschneiden können und ineinander
übergreifen.
Erste Beispiele bearbeiteter und neu formulierter Ordnungssysteme sind
ab 1977 Dabernigs Texte
/ Aufschreibearbeiten, das minutiöse, handschriftliche
Abschreiben
ganzer Bücher. So kopierte er sämtliche 176 Seiten
des 1920
erschienenen Diätbuches „Schönheit und
Verdauung“
von F.X. Mayr, von ihm in einem eigentümlichen Umkehrprozess
als
„Abreaktion“ nach jahrelanger Internatsdisziplin
verstanden. Ebenso schrieb er Stadtführer ab oder Vittorio
Gregottis Buch „Il territorio
dell’architettura“ und
führt Statistik über seine Benzinrechnungen oder
Eintrittskarten für Fußballspiele −
jeweils
selbstreferentielle Schleifen, in denen der Künstler sich
selbst
zum Medium und Akteur macht.
Seit Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit arbeitete
Dabernig, der Bildhauerei studiert hatte, skulptural. Dabernig ging es
immer um raumbezogene Objekte
aus zumeist vorgefertigten Materialien, für die er nach
ausgewählten mathematischen Regeln ästhetische
Lösungen
entwickelte. In der Galerie im Taxispalais treten unterschiedliche
Varianten von rasterartigen Strukturen aus Metall mit der vorgefundenen
architektonischen Situation in einen Dialog.
Josef Dabernigs Filme,
in denen
er selbst als Akteur auftritt, sind strukturell exakt konzipiert. Seine
Protagonisten bewegen sich in fragmentierten Handlungen, deren Ziele
offen bleiben. Dabernig inszeniert nicht ohne Ironie Ordnungen, deren
Vorgaben nicht einsichtig, nicht
„vernünftig“ sind und
die gleichsam aus den Fugen laufen. „Rosa Coeli“
(2003) und
„Lancia Thema“ (2005), sein neuester Film, sind in
der
Ausstellung zu sehen.
Am 8. Oktober 2006 um 19 Uhr werden die Filme
„Wisla“
(1996), „Timau“ (mit Markus Scherer, 1998),
„Jogging“ (2000), „WARS“
(2001),
„automatic“ (mit G.R.A.M., 2002),
„Parking“
(2003) und auch „Rosa coeli“ (2003) und
„Lancia
Thema“ (2005) im Innsbrucker Kino Cinematograph gezeigt.
Die Fotografie
hat bei Dabernig
insofern einen besonderen Stellenwert, als er während der
letzten
zwei Jahrzehnte stets fotografiert und ein umfangreiches Archiv
angelegt hat, ein Fundus, auf den er für seine
fotokonzeptuellen
Arbeiten zurückgreift. Es sind Fotos, die mit gezieltem Blick
auf
Reisen oder Studienaufenthalten entstanden sind, vielfach
Architekturmotive der Moderne, Stadien, Wohnbauten, Details von
Fassaden oder Innenräumen und Straßenaufnahmen. Die
jeweiligen Fotografien werden von Josef Dabernig nachträglich
im
Rahmen eines Projekts „szenisch elaboriert und semantisch
verdichtet“ (Christian Kravagna). Eine Fotoarbeit von Josef
Dabernig, eine Aufnahme vom Eingangstor des Stadions von Sulmona in den
Abruzzen, befindet sich im Rathaus Innsbruck
(Fallmerayerstraße,
1. Stock, Installation von 2002).
Im Sinne seiner Ordnungssysteme gestaltete Dabernig seine Bauten,
architektonische Kunst-am Bau-Projekte sowie Innenraumgestaltungen.
Dazu gehören die 1994/95 realisierte Innenraumgestaltung
für
das Depot (Raum für Kunst und Diskussion) im Museumsquartier
Wien
oder die Ausstellungsarchitektur für das von Igor Zabel
kuratierte
Projekt „Individual Systems“ auf der Biennale
Venedig,
2003. In der Ausstellung werden diese Bauten in Form von Perspektiven
und fotografischen Ansichten präsentiert.
Wie ineinander greifend Dabernigs konzeptuelle Methode alle Bereiche
seiner Arbeit bestimmt, zeigt auch der Katalog, der seinen
Prinzipien folgend von ihm gestaltet wurde und als Teil seiner
künstlerischen Arbeit zu verstehen ist.
Josef Dabernig ist 1956 in Lienz geboren. Er lebt und arbeitet in Wien.
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Katalog
Josef
Dabernig
Film, Foto, Text, Objekt, Bau
Hg. Barbara Steiner,
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig.
Texte von Silvia
Eiblmayr, Christian Kravagna, Matthias Michalka, Barbara Steiner und
Igor Zabel (dt./engl.), Verlag der Buchhandlung Walther König,
Köln 2005, € 19,80, ISBN 3-8837-5976-7
Kooperationspartner
Galerie für
Zeitgenössische Kunst Leipzig
Bunkier Sztuki,
Krakau
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Filmprogramm
im Cinematograph
Sonntag, 8. Oktober
2006, 19 Uhr
Kurzfilme
von Josef Dabernig (einschließlich Kooperationen
mit G.R.A.M. und Markus Scherer)
Wisla, Timau (in Kooperation mit Markus Scherer), Jogging,
WARS, automatic (in Kooperation mit G.R.A.M.), Parking, Rosa coeli,
Lancia Thema
Cinematograph,
Museumstraße 31, Innsbruck
Wisla
A 1996, 16mm, s/w,
8min
Zwei Darsteller
folgen als Trainer und Co-Trainer einer Fußballmannschaft dem
fiktiven Ablauf eines „wichtigen“ Spiels. Sie
agieren im leeren Stadion, die Kamera ausschließlich auf sich
gerichtet, mit signifikanten Gesten der Protagonisten. (MUMOK)
Timau
A 1998, 16mm, s/w,
20min, in Kooperation mit Markus Scherer
Drei halbuniformierte
Männer fahren mit einem PKW eine Bergstraße hinauf,
entladen schließlich ihr schweres Dienstgepäck, das
sie zwischen Stauden und Geröll einen Bergpfad bergan
schleppen. Die zunehmend fragwürdige Logik des Vorganges wird
durch die augenscheinliche Körperbehinderung eines der
Männer akzentuiert. (Josef Dabernig / Markus Scherer)
Jogging
A 2000, 35mm, Farbe,
11min
Splitter einer
Erzählung aus dem Niemandsland. In Josef Dabernigs Jogging
steuert ein anonymer Autofahrer hinter verdreckten Windschutzscheiben
zu Olga Neuwirths (be)stechender Musik durch eine zunehmend fremde
Landschaft. Die Fahrt durch gesichtslose Autobahnlandschaften endet vor
einem menschenleeren Gebäude, das eher einem Flugobjekt
gleicht als einem Fußballstadion: futuristischer Realismus,
ein minimalistisches Musical der dritten Art. (Stefan Grissemann)
WARS
A 2001, 16mm, s/w, 10
min
Alltag im Speisewagen
eines Fernzuges, wenn die Gäste ausbleiben. Leere Tische,
phlegmatisches Personal. Der Kellner lehnt vor dem Fenster und reinigt
bedächtig seine Fingernägel. Auch Koch und Kellnerin
üben sich in gelassenem Ausharren. Gesten des Wartens.
Kommunikation scheint nicht nötig, denn die eingespielte
Routine funktioniert auch ohne sie. Nur das Rattern des Zuges auf den
Gleisen ist zu hören – ein
gleichmäßiges, einschläferndes
Geräusch. (Andrea Pollach)
automatic
A 2002, 16mm, s/w,
7min, in Kooperation mit G.R.A.M.
Die Grundelemente von
automatic, „drei Männer, drei Autos, drei
Obsessionen“, rufen Erinnerungen an vielfältige
Szenen aus dem Genre des Road Movies wach. Doch in den sieben Minuten
kommt es nicht zur Fahrt: Es ziehen keine Panoramen sozialer
Räume vorbei, und es werden auch keine Distanzen
zurückgelegt. In der dichten Bildabfolge ist die Aktion nach
Innen verlegt. (Rike Frank)
Parking
A 2003, 16mm, s/w,
6min
Ein PKW stoppt am
Straßenrand. Noch im Auto sitzend entledigen sich Fahrer und
Beifahrer – zwei Herren mittleren Alters –
zielstrebig ihrer Kleidung. Dann fesselt der eine mit seinem
Gürtel die Hände des anderen und zerrt ihn unsanft
aus dem Fahrzeug. Was folgt ist eine Belehrung, eine eher seltsame
Diskussion der beiden in Unterwäsche. (Josef Dabernig)
Rosa coeli
A 2003, 35mm, s/w,
24min
In Rosa coeli
verschränken sich unterschiedliche Bewegungsmotive zu
Handlungskonglomeraten: Ein Strang zeigt Szenen der Bahnreise eines der
Protagonisten zu einem Hotel in einem Industriedorf in den Bergen. Der
Ort ist unschwer als einer mit realsozialistischer Vergangenheit zu
lokalisieren. Diese publikums- und medienleere Kulisse des
heruntergekommenen ostmodernistischen Hotels, in dem der Protagonist
sich mit zwei anderen – wie er körperbehinderten
– Männern trifft, um schweigend an einem
für die Zeremonie dekorierten Tisch ein Papier zu
unterzeichnen, ist der zweite Hauptdarsteller in Rosa coeli. (Georg
Schöllhammer)
Lancia Thema
A 2005, 35mm, Farbe,
17min
Eine Reise mit dem
PKW ins Niemandsland des Garten Eden: Die Fahrerperspektive zeigt in
regelmäßigen Intervallen altersschwache
Pinienalleen, schlecht sanierte Bergstraßen, erodierte
Hänge und vernachlässigtes Kulturland. Aus dem
Autoradio stellen Fragmente des Belcanto die wehmütige
Referenz zur Wiege der abendländischen Kultur her.
(Josef Dabernig)
Filmgespräch
Montag, 9. Oktober
2006, 19 Uhr
Kathrin
Rhomberg,
Direktorin des Kölnischen Kunstvereins, im
Gespräch mit Josef Dabernig; mit Filmbeispielen.
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Vortrag
Christa
Blümlinger, Freudsche "Mischbildungen" im
Film
Freitag, 20.
Oktober 2006, 19 Uhr
Anlässlich
des Sigmund Freud-Jubiläumsjahres spricht die
Filmtheoretikerin Christa Blümlinger (Paris) über den
Freudschen Begriff der „Mischbildungen“ in
Zusammenhang mit dem Film
Dream Work von Peter Tscherkassky.
Filmbeispiel
Dream Work
Peter
Tscherkassky, 11 min., 2001
Dream
Work präsentiert nicht einen
Trauminhalt, sondern die
filmischen Darstellungsprozesse in ihrer Entsprechung zur Freudschen
Traumarbeit: Mechanismen der Verschiebung und der Verdichtung in Bezug
auf die figurativen Grundformen des Ausgangsmaterials. Ähnlich
wie Freud die „Pressung“ der Traumgedanken durch
die Traumarbeit beschreibt, bei der „die Stücke
gedreht, zerbröckelt und
zusammengeschoben werden, etwa wie treibendes Eis“, so kann
die Bearbeitung des Ausgangsfilms durch Tscherkassky verstanden werden.
Genau in diesem Sinne erfüllt Tscherkassky auch das Programm
des Experimentalfilms, wie es von Christian Metz im Rahmen einer
psychoanalytischen Filmtheorie beschrieben wurde, nämlich
„die Wahrnehmung zu unterlaufen und zu bereichern, sie in
größerem Umfang mit dem Unbewussten korrespondieren
zu lassen, sie soweit als möglich zu
‚dezensurieren’.“ (Christa
Blümlinger)
Christa
Blümlinger, Maître de Conférences
für Filmwissenschaft an der Universität Sorbonne
Nouvelle, Paris. Tätigkeiten als Kritikerin, Kuratorin und
Wissenschaftlerin in Berlin, Paris und Wien. Publikationen v.a.
über Filmtheorie, Dokumentar- und Avantgardefilm sowie
Medienkunst.
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Galerie
im Taxispalais Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr LeseRAUM:
Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr
T +43/512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at |
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