Heinz Gappmayr
Farben

25. November 2000 – 14. Jänner 2001

 
  Heinz Gappmayr
 
  Eröffnung
Freitag, 24. November 2000, 18 Uhr

Eröffnung der Ausstellung durch Landesrat Fritz Astl
Zur Ausstellung spricht Dr. Wolf Wezel, München
 

"Thema dieser Ausstellung in der Galerie im Taxispalais sind die Beziehungen zwischen Text, Farbe und Raum. Texte bestehen aus Begriffen und Schrift. Begriffe sind Vorstellungen in unserem Bewusstsein. Die Schrift ist ein Konstrukt aus geraden und gekurvten Linien. Sie ruft beim Betrachter, der die Sprache beherrscht und lesen kann, bestimmte Bewusstseinsinhalte hervor. Aber diese stimmen nicht genau und unverwechselbar mit dem Gegenstand überein, auf den sie sich beziehen. Der Begriff "Baum" z.B. umfasst alle Bäume, die es gibt, gab und geben wird, mit ihm kann eine Pappel gemeint sein, eine Tanne, ein Ahorn oder sonst irgendein Baum. Begriffe sind etwas Gedachtes. Um gedachte Farben geht es in dieser Ausstellung, aber auch um den Unterschied zwischen Gegenständen sinnlicher Wahrnehmung und Denkbildern und um das Phänomen der Schrift. Farben sind etwas Ungreifbares. Sie verändern sich durch ihre Umgebung. Ohne Licht gibt es keine Farbe. Niemand wird eine Kugel mit einem Kubus verwechseln. Bei Farbfehlsichtigkeit aber mangelt es an intersubjektiver Übereinstimmung in der Beurteilung von Farbtönen."

Heinz Gappmayr

Heinz Gappmayr hat zum Thema "Farben" für die Galerie im Taxispalais ein eigenes Konzept entwickelt, das für jeden einzelnen der fünf Räume der Galerie eine oder mehrere Arbeiten vorsieht. Gappmayr eröffnet in der Galerie einen Denk- und Wahrnehmungsraum über Farben: Er führt Farben als sinnlich-visuelles Erlebnis vor und zugleich Farben als Begriff, als Text, als geschriebenes Wort.

Eine Farbbezeichnung wie z.B. "rot" wird von Gappmayr in unterschiedliche sich gegenseitig informierende Zusammenhänge gesetzt: materielle, räumliche wie auch (fremd-)sprachliche, die virtuell unzählige Möglichkeiten und mit diesen verbundene Vorstellungen enthalten und hervorrufen, die mit dem Wort und der Farbe "rot" verknüpft sind.

Die Auseinandersetzung Heinz Gappmayrs mit "Farben" bedeutet in der Konsequenz seines konzeptuellen Ansatzes immer auch die Bezugnahme auf die Kategorien Raum und Zeit. In der Arbeit "Spiegelung" wird das Wort "rot" an zwei sich gegenüberliegenden Wänden exakt einander gegenüber gestellt. Dem/der Betrachter/in wird damit auch seine/ihre zeitlich-räumliche Position bewusst vor Augen geführt: Zum einen im Sinne eines erinnerten Wissens um die Bedeutung der Zeichen (die Buchstaben), die zu einem verständlichen Wort an der Wand angeordnet sind, bzw. des Begriffs, den diese bezeichnen, die Farbe. Zum anderen auch den Modus der Wahrnehmung der beiden Wörter: Je nach räumlichem Standort können beide "rot" gleichzeitig gelesen werden oder eben nur nacheinander, zuerst die linke Wand und dann die rechte oder umgekehrt.

Eine vergleichbare Situation mit anderen Mitteln führt Gappmayr in der Halle vor: Die Arbeit mit dem Titel "grün" positioniert das Publikum zwischen den beiden Längswänden, von denen eine monochrom blau, die andere gelb gestrichen ist.

"Heinz Gappmayr öffnet deshalb ein Fenster ins aktive Verstehen, weil sein eingesetztes Zeichenmaterial die Grenze der Idee, und die darzustellende Idee jene des Materials in einem gegenseitigen Wechselspiel erweitert." (F. Schmatz).

Heinz Gappmayr feierte im Oktober 2000 seinen 75. Geburtstag. Zu diesem Anlass hatte ihm das Landesmuseum Ferdinandeum am Jahresanfang eine Ausstellung gewidmet (Titel: "Texte und Konzepte"), die Galerie im Taxispalais folgt nun am Ende des Jahres mit "Farben".

Die Galerie im Taxispalais produziert mit Unterstützung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum ein Buch, in dem beide Ausstellungen dokumentiert sind, und das als weiteren Schwerpunkt die bisher nur teilweise publizierten Arbeiten Gappmayrs im öffentlichen Raum enthält. Das Buch erscheint zur Ausstellungseröffnung.
 
  Katalog
Heinz Gappmayr. Text Farbe Raum
Hg. Silvia Eiblmayr, Galerie im Taxispalais
Beiträge von Günther Dankl, Gaby Gappmayr, Heinz Gappmayr, Dorothea van der Koelen, Ferdinand Schmatz
Folio Verlag, Wien/Bozen 2000
110 Seiten, 94 Abb.
Preis € 17,40
ISBN 3-85256-159-0
 
  Vorträge
Heinz Gappmayr,

Farbe und Sprache

6. Dezember 2000

Univ.-Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt,
"am weitesten entfernt" oder: Überschüsse des Verzichts. 
 Zur Logik des Oeuvres von Heinz Gappmayr
14. Dezember 2000


S. J. Schnmidt, seit 1997 Professor für Kommunikationstheorie und Medienkultur an der Universität Münster 1997-1999 Direktor des Instituts für Kommunikationswissenschaft
 
 

Anlässlich des 80. Geburtstages von Heinz Gappmayr
Donnerstag, 6. Oktober 2005, 19 Uhr

Siegfried J. Schmidt,
Zur Eloquenz des Lapidaren. Bemerkungen zum Œuvre Heinz Gappmayrs
Vortrag und Erstpräsentation seines Buches
Zwischen Platon und Mondrian. Heinz Gappmayrs konzeptuelle Poetik

Begrüßung durch Landesrätin Dr. Elisabeth Zanon, Kulturreferentin des Landes Tirol

Zur Eloquenz des Lapidaren. Bemerkungen zum Œuvre Heinz Gappmayrs
lautet der Titel des Vortrags, den der Germanist, Philosoph, Kunsthistoriker und Künstler Siegfried J. Schmidt am Vorabend des 80. Geburtstags von Heinz Gappmayr halten wird.

Siegfried J. Schmidt, der als profunder Kenner des künstlerischen Ansatzes von Heinz Gappmayr bereits 2001 in der Galerie im Taxispalais vorgetragen hat, wird bei diesem Anlass auch sein gerade neu erschienenes Buch Zwischen Platon und Mondrian. Heinz Gappmayrs konzeptuelle Poetik vorstellen und gewährt damit Einblick in seine nun bereits über 40 Jahre andauernde Auseinandersetzung mit dem Werk von Heinz Gappmayr.

„Mit der ‚Poesie des Konkreten‘ wird zuerst Gappmayrs künstlerische Position ab 1965 sichtbar, es folgen Differenzierungen über ‚Traditionelle Dichtung/Visuelle Dichtung‘, um in der ‚Theorie visueller Dichtung‘ von 1969 zu münden.
Im zweiten Buch-Abschnitt werden S. J. Schmidts Thesen, Manifeste und Epiloge der 70er Jahre festgehalten, um im dritten und umfangsreichsten Teil sich direkt mit Gappmayrs Werk auseinanderzusetzen. Der tradierte Begriff ‚Konkrete Kunst‘ scheint sich bezogen auf Gappmayrs Œuvre aufzulösen, seine ‚Texte im Raum‘, ‚Sprache und Farbe‘ bis hin zu ‚Über die Zeit‘ lassen ihn schließlich im vierten Teil mehr und mehr als konzeptionellen Künstler erscheinen.
‚Die Worte stehen vor dem Leser wie Gegenstände.‘ Das Ikonographische am Bildinhalt wird selbst zum Thema, bestimmte Abstracta, Concreta und Pronomina entdeckt S. J. Schmidt darin. Fläche und Raum, Zeichen und Begriff evozieren im Betrachter Sinn und Sinnenlust. Obwohl Gappmayrs Werk sich durch Kargheit scheinbar verweigert, löst es höchsten Reiz aus, den S. J. Schmidt mit Schönheit benennt.
Wie kaum einem anderen Künstler der Gegenwart gelingt es Gappmayr, die Gattungen Kunst und Literatur zu vereinen, er schafft mit seinem Werk das Gegenteil von Fragmentierung und Atomisierung, seine künstlerische Recherche verschmelzt Kunst und Literatur zu einer eigenen Entität. Schauen und Denken als notwendige Handlungen des Betrachters sind vonnöten, ohne deren Verstehen aus dem Werk kein Kunstwerk entstehen kann.“

Aus dem Programm Herbst 2005, Ritter Verlag, Klagenfurt/Wien

Univ.-Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt
1940 in Jülich geboren. Studium der Philosophie, Germanistik, Geschichte, Linguistik und Kunstgeschichte in Freiburg, Göttingen und Münster. Seit 1971 Lehrtätigkeiten an mehreren Universitäten. Zur Zeit Vorstand des Institutes für Kommunikationswissenschaften der Universität Münster. Seit 1959 Lesungen, Einzelausstellungen und Beteiligungen an Gruppenausstellungen.

Publikation
Siegfried J. Schmidt, Zwischen Platon und Mondrian. Heinz Gappmayrs konzeptuelle Poetik
Ritter Verlag, Klagenfurt/Wien, 2005
ca. 240 Seiten, sw-Abb., brosch.
ISBN 3-85415-381-3 € 23,90

 
Galerie im Taxispalais Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr LeseRAUM: Di-Sa 11-18, Do 11-20 Uhr
T +43/512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at