João Penalva 
27. Mai – 2. Juli 2000



Penalva Penalva

João Penalva, LM44/EB61", 1995
Foto: Robert Fleischanderl

João Penalva, "Character and Player", 1998
Foto: Robert Fleischanderl


Eröffnung
Freitag, 26. Mai 2000, 19 Uhr

Eröffnung durch Dr. Christoph Mader, Vorstand der Abteilung Kultur im Amt der Tiroler Landesregierung
Zur Ausstellung spricht Isabel Carlos, Instituto de Arte Contemporânea, Lissabon

 

João Penalva setzt sich in seinen Arbeiten mit tatsächlichen Ereignissen auseinander, die er umfassend recherchiert und in jeweils spezifischer Ästhetik re-inszeniert. Er verleiht ihnen dadurch sowohl den Anschein der Realität als auch der Fiktion. Penalva zeigt in den Erdgeschoßräumen der Galerie drei Arbeiten, zwei raumbezogene Installationen und eine Video-Arbeit in Großprojektion.

"LM44/EB61" ist der Titel einer Arbeit, deren Angelpunkte zwei Portraits bilden. Penalva rekonstruiert hier die Geschichte eines Mordes in einer Londoner Antiquitätenhandlung, der 1961 verübt wurde. Die Initialen stehen für zwei Personen, den Besitzers des Geschäftes, Louis Meier, und den Mörder, Edwin Bush, der zum Tod verurteilt und hingerichtet wurde. Das eine Portrait hatte Kurt Schwitters 1944 von Meier gemacht, das andere ist ein Fahndungsporträt der Polizei von Bush aus dem Jahr 1961. Penalva verkoppelt seine Recherche der Geschichte von Meier und Schwitters, die beide aus Deutschland flüchten mussten, mit der Recherche zu dem Mord. Diagrammatisch aufbereitetes Archivmaterial, historische Zeitungsauschnitte u.a. rollen die unterschiedlichen Kontexte dieser Bilder auf. Das Publikum findet sich am Tatort wieder, der sich als Grundriss in Originalgröße auf einem rotem Boden befindet.

Die Installation "Character and Player" (Rolle und Darstellerin) ist Penalvas Interpretation der Biografie einer Frau, deren Identität nicht bekanntgegeben wird, am Beispiel von 100 Fotografien, die in unterschiedlichen Abschnitten ihres Lebens und an verschiedenen Orten entstanden waren. Penalva beschnitt die Fotografien so, dass das Umfeld der Frau fragmentarisch sichtbar wird, jedoch nicht genug Information geliefert wird, um ihre persönliche Geschichte zu kontextualisieren. Die Abfolge der Fotos, die als Diapositive an die Wand projiziert werden, ist nicht chronologisch. Penalva forciert den Faktor Zeit, der "Character and Player" determiniert. Die Projektionen sind unterschiedlich im Rhythmus zwischen einer und vier Sekunden geschaltet. Dazu kommt die akustische Verstärkung der Projektoren, deren Kühl- und Transportgeräusche auf vier Lautsprecher übertragen werden.
Penalva versetzt die Protagonistin von "Character and Player" in einen ambivalenten Zustand, den er im Titel anspricht. Es bleibt offen, ob es sich bei der dargestellten Person, wie es die Fotografien suggerieren, um eine Schauspielerin in verschiedenen Rollen handelt, ob sie einen öffentlichen Status als Berühmtheit hatte oder ob hinter diesen Aufnahmen etwas ganz anderes steht. Die Projektion, der sich Penalva als künstlerisches Mittel bedient, findet auch im übertragenen Sinn durch die BetrachterInnen statt, deren Erinnerung und Phantasie durch die historisch codierten Fotografien in Gang gesetzt werden.
(Wir danken dem Fundação Centro Cultural de Belém, Lissabon, für die Leihgabe.)

"336 Rivers" ist eine Video-Arbeit, in der Penalva wiederum Dokumentation und Fiktion miteinander verschränkt. Die 336 Flüsse sind fotografisch erfasst  alle Flüsse, die in den Baikalsee fließen. Die Fotos stammen nicht von Penalva selbst, sondern von dem Russen Maxim Timofeev, mit dem Penalva über e-mail in Kontakt kam. Die Ebene der Landschaftsbilder überlagert Penalva mit ineinander verschränkten textlichen Ebenen. Ein Sprecher spricht diese Texte in russischer Sprache, englische Untertitel liefern eine Übersetzung. In den von Penalva verfassten Texten geht es um verschiedene Geschichten, Volkslegenden, urbane Mythen, um Dokumentarisches und Erinnerungen. Eine der Textebenen bilden die Namen der 336 Flüsse, die in russischer und burjatischer Sprache zu hören sind. Eine weitere ist die Legende um die Flüsse, die in den Baikalsee fließen, von denen jedoch einer aus dem See herausfließen soll.
Penalva bedient sich in "336 Rivers" struktureller Mittel, die der Film mit dem Konzept der Psychoanalyse gemeinsam hat. Begriffe wie Überlagerung, Übertragung, Erinnerung bestimmen Inhalt und Methode der Arbeit. Das Publikum findet sich in einer vom Künstler konstruierten Zwischenzone wieder, die einen Raum für die Interpretation und Imagination eröffnet.
João Penalva ist Portugiese und lebt in London.

Fotobuch
João Penalva
Character and Player
Hg. Silvia Eiblmayr, Galerie im Taxispalais
triton Verlag, Wien 2000
102 Seiten, 50 Abb.
Preis € 10.-
ISBN 3-85486-067-6

 
 

Eröffnung des LeseRAUMs
30. Mai 2001

Jo Schmeiser/Gabriele Marth, Vor der Information
Antirassistische Öffentlichkeiten. Feministische Perspektiven
Videopräsentation Reading-Video (1998) von Scott Reeder

 
Galerie im Taxispalais Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Opening hours: Tues - Sat, 11 a.m. - 6 p.m., Thurs 11 a.m. - 8 p.m.
reference library (during exhibition hours)
T +43/512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at