Programm

 
  Mladen Stilinović
17. September – 2. November 2008
 
 

Mladen Stilinović, An Artist who Cannot Speak English is no Artist, 1992
Courtesy Mladen Stilinović, Foto: Rainer Iglar

Mladen Stilinović, Ambijent sa novcima / Money Environment (Detail), 1980 (2008)
und O novcu i nulama / Über Geld und Nullen (Detail), 1976–2006
Courtesy Mladen Stilinović, Foto: Rainer Iglar
 

Eröffnung
Dienstag, 16. September 2008, 19 Uhr

Eröffnung durch Dr. Beate Palfrader, Kulturreferentin des Landes Tirol
Zur Ausstellung spricht Dr. Hedwig Saxenhuber, Kuratorin und Mitherausgeberin von springerin – Hefte für Gegenwartskunst, Wien

 
Mladen Stilinović ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler Kroatiens.
Er wird erstmalig in einer Einzelausstellung in einer österreichischen Kunstinstitution präsentiert.

Mladen Stilinović setzt sich in seinen Zeichnungen, Bildern, Installationen, Objekten, Videos, Texten und Künstlerbüchern mit den Bedingungen und Codes spätsozialistischer Produktion und Konsumption auseinander. Stilinović interessieren die Beziehungen zwischen der Sprache der Kunst und der Sprache der Ideologie, die er mit philosophisch-poetischen und ironischen Mitteln hinterfragt und transformiert.

Stilinović, dessen künstlerische Anfänge im experimentellen Film und der Dichtung liegen, war von 1975 – 1979 Mitglied der Grupa Sestorice Autora (Gruppe der Sechs Künstler), die ihre Ausstellungen und Performances auf die Straßen von Jugoslawiens Städten verlegten. Diesen experimentellen Ansatz, in dem es um die Auseinandersetzung mit dem (sozialistischen) Alltag ging, führt Stilinović in seiner Arbeit weiter mit Themen, in denen er die prekärer werdende politische Situation nach dem Tod Titos mit der ebenfalls prekären Lage der Kunst und des Künstlers verschränkt. Stilinović verbindet den realen und symbolischen Niedergang der Macht Titos, das Verkommen eines Heldenkults zum Klischee mit dem Verfall der künstlerischen Sprache der Moderne. Exemplarisch dafür ist sein Zyklus „Die Ausbeutung der Toten“ (1984-90), in dem Stilinović mit poetisch-ironischen Bild- und Spracherfindungen auf den russischen Konstruktivismus, den sozialistischen Realismus und die geometrische Abstraktion der 1950er Jahre Bezug nimmt − alle drei Kunstrichtungen und Stile, die ebenfalls ihre künstlerische Ausbeutung und Abnutzung erlebt haben und dabei ihrer künstlerisch-symbolischen Bedeutung verlustig gegangen sind.

Nach dem Fall des Kommunismus dehnte Stilinović seine Untersuchungen auf unter-schiedliche künstlerische wie gesellschaftliche Felder aus, die nun unter neuen politischen Vorzeichen das Leben − nicht nur des Künstlers − bestimmten. Eine programmatische Arbeit dazu ist sein selbstreflexives, in anziehenden Rosatönen gehaltenes Poster mit dem Satz „An Artist Who Cannot Speak English Is No Artist“ (1994-96), womit das Dilemma der strukturellen Ausgrenzung der Künstler aus den Ländern des ehemaligen Ostblocks vom westlichen Kunstbetrieb und -markt und zugleich deren (potentielle) Teilhabe daran auf eine ironische sprachliche Kurzformel gebracht wird.

Die Ausstellung zeigt eine Reihe von ineinander greifenden Werkkomplexen, fragile und vielschichtige Arbeiten z.B. zum Thema „Geld“, oder aus der jüngeren Zeit zur Armut der „Bag People“ – Menschen, die ihre Habseligkeiten in Plastiksäcken zum Verkauf auf informellen Märkten tragen.

Die Installation „Zur öffentlichen Debatte stellen“ führt dem Publikum in Schrift und Ton die abgenutzte Sprache der Politik vor, ein Szenario, das ohne ernst zu sein Melancholie vermittelt − ein Charakteristikum für die Kunst von Stilinović.

 „Einige meiner Arbeiten sprechen von der Farbe Weiß, von Schmerz, Schweigen, von nichts... Das sind die Arbeiten über emotionale Zustände. Wie kann ich mit mir selbst über Geld sprechen? Auf politischer oder auf emotionaler Ebene? Geld ist da, aber es gibt keins. Und wir sind da, die Künstler aus dem so genannten Osten, aber es gibt uns nicht. Die Frage des Schmerzes ist eine streng individuelle Angelegenheit. Sie kann nur durch das Wort ‚Schmerz’ ausgedrückt werden. Als eine einzige langweilige Tautologie. So ist das Leben und so ist die Kunst; sie verbinden Dinge, die nicht miteinander verbunden sind. Geld, Schmerz, Tautologie.“ (Mladen Stilinović, 2004)

Mladen Stilinović ist 1947 in Belgrad geboren; er lebt und arbeitet in Zagreb.
 
 
Mladen Stilinovic, Artist at Work
Mladen Stilinovic, Double Indemnity

Mladen Stilinović, Artist at work, 1978. Courtesy Mladen Stilinović

Mladen Stilinović, Double Indemnity, 1980. Courtesy Mladen Stilinović
 
  Ausstellung in Zusammenarbeit mit Platform Garanti – Contemporary Art Center, Istanbul, Türkei, und Van Abbemuseum, Eindhoven, Niederlande

Dank an
Charles Esche
Vasif Kortun
Annemarie Türk und KulturKontakt Austria
 
  Buchvorstellung
Lorenz Aggermann, Eduard Freudmann, Can Gülcü:
Beograd Gazela. Reiseführer in eine Elendssiedlung
Donnerstag, 23. Oktober 2008, 19 Uhr


Beograd Gazela führt in einen weißen Fleck inmitten Europas – in einen Roma-Slum im Zentrum Belgrads: Wie lebt es sich ohne städtische Infrastruktur, ohne Wasser, ohne Strom? Wie organisieren sich die BewohnerInnen, welcher Arbeit gehen sie nach? Wie steht es mit ihrer medizinischen, wie mit ihrer kulturellen Versorgung?

Der Reiseführer richtet den Blick auf einen Ort, an dem sich paradigmatisch die jüngere Geschichte der Roma in Südosteuropa ablesen lässt. Er informiert über grundlegende soziale wie ökonomische Strukturen einer Elendssiedlung, über ihre BewohnerInnen und deren Alltag und legt die vielschichtigen Mechanismen der Marginalisierung und Diskriminierung von Roma offen.


Lorenz Aggermann, Eduard Freudmann, Can Gülcü:
Beograd Gazela
Reiseführer in eine Elendssiedlung
224 Seiten
Drava Verlag
Klagenfurt 2008
 
 
Galerie im Taxispalais Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr LeseRAUM: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr
T +43/512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at