MAIZ (A)
Autonomes Zentrum von und für Migrantinnen, Linz
Kartografische Eingriffe, 2000
Stadtpläne, Video
zum Video:
Dieses Video dokumentiert unsere Treffen mit anderen Brasilianerinnen in Innsbruck: Kontakt, Annäherung, Erzählungen, Wörter, sehr viele Wörter, sehr viel zu erzählen, denn wir kommen aus einer rhetorischen Kultur, wie viele meinen. Ja, wir redeten miteinander, durcheinander, wir redeten, wir hörten viel. Geschichten, neue und alte Erfahrungen, hier in der "alten" Welt und früher in der kolonisierten "neuen" Welt. Selbstverständlich auf Portugiesisch. Eine der Mitarbeiterinnen von MAIZ versuchte, in bestimmten Momenten das Erzählte auf Deutsch zu übersetzen oder bat eine der Frauen um eine Übersetzung. Doch nicht alles wurde ins Deutsche übersetzt.
Ein wichtiger Aspekt des Videos sind die Gespräche über die Prüfung zum Erwerb der Staatsbürgerschaft in Tirol. Hier haben wir nur einen Teil der Gespräche übersetzt, wegen der Wichtigkeit des Themas möchten wir sie in diesem Text noch einmal thematisieren.
Eine der anwesenden Frauen, die seit sieben Jahren in Österreich lebt, erzählte uns von dieser Prüfung. Eine schriftliche Prüfung mit ca. 20 Fragen. Zu jeder Frage musste sie mindesten 4 Zeilen schreiben...Schreiben! Schriftliche Deutschkenntnisse als Voraussetzung für das Erwerben der österreichischen Staatsbürgerschaft. Sie hat die Prüfung nicht bestanden. Sie und viele andere Frauen, die nicht "richtig" schreiben können, haben die Prüfung nicht bestanden. Eine Maßnahme der Ausgrenzung. Wer wird wo und wie erwünscht? Wer wird nicht erwünscht, aber begehrt?
Ein anderer Aspekt des Gespräches: Eine Frau erfährt, dass ein bestimmtes Geschäft eine Mitarbeiterin sucht. Sie geht hin, um einen Termin für ein Vorstellungsgespräch auszumachen. Sie geht persönlich hin, weil sie gerade in der Gegend ist. Sie fragt eine Person im Geschäft, wer für Bewerbungen zuständig ist. Die Person selbst ist zuständig, aber Termine werden nur telefonisch vereinbart. Sie solle bitte anrufen... Sie ruft an. Sie wartet. Sie bekommt die Stelle nicht, weil der Geschäftsführer bereits "schlechte Erfahrungen" mit Brasilianerinnen gemacht hat.
Wir lachten viel. In unserem Umgang mit Rassismus und Diskriminierung spielt das Lachen eine wichtige Rolle. Beim Lachen entthronen wir den Machtinhaber. Wir nehmen seine Ernsthaftigkeit nicht ernst. Wir betonen das Absurde in seinem Verhalten und lachen. Aber nicht nur lachen. Wir wehren uns und entwickeln Mechanismen und Strategien, um uns zu schützen und um uns zu befreien. Von Gewalt, Ausbeutung, Zwang.