Eating the Universe
Vom Essen in der Kunst
Künstlerinnen und Künstler:
Sonja Alhäuser, Arman, BBB Johannes Deimling, Christine Bernhard, Joseph Beuys, Michel Blazy, John Bock, Paul McCarthy, César, Arpad Dobriban, Dustin Ericksen/Mike Rogers, Thomas Feuerstein, Lili Fischer, Anya Gallaccio, Karl Gerstner, Carsten Höller, Christian Jankowski, Bernd Jansen, Elke Krystufek, Claude & François-Xavier Lalanne, Roy Lichtenstein, Richard Lindner, Gordon Matta-Clark, Antoni Miralda & Dorothée Selz, Tony Morgan, L.A. Raeven, Thomas Rentmeister, Zeger Reyers, Dieter Roth, Mika Rottenberg, Judith Samen, Shimabuku, Daniel Spoerri, Jana Sterbak, André Thomkins, Rirkrit Tiravanija, Günther Uecker, Ben Vautier, Andreas Wegner, Günter Weseler
Eat Art wurde 1970 von Daniel Spoerri als Bezeichnung für Kunst mit und aus Essbarem geprägt. Zwei Jahre nach Eröffnung seines Restaurants in Düsseldorf gründete der Schweizer 1970 dort die Eat Art Galerie, für die zahlreiche Künstler Editionen aus essbaren Materialien und Lebensmittelabfällen produzierten. Die Ausstellung Eating the Universe — ein Titel, den Peter Kubelka, ehemals Professor für Film und Kochen an der Frankfurter Städelschule, in den 1970er Jahren für eine TV-Sendung über das Kochen als Kunstgattung erfand — verfolgt mit einer breit angelegten Bestandsaufnahme aus heutiger Sicht Themen der Eat Art bis in die Gegenwart. Sie zeigt, wie relevant der künstlerische Umgang mit der Grundsubstanz Nahrung als elementare Schnittstelle von Kunst und Leben bis heute geblieben ist und vor dem Hintergrund von Themen wie Überfluss und Hunger, Konsum- und Globalisierungskritik, moderne Ernährungslehren und Koch-Shows, Gesundheitswahn und Fast Food eine neue Aktualität bekommt.
Die Ausstellung gliedert sich in zwei Abschnitte. Ein kleinerer historischer Teil widmet sich anhand zentraler Arbeiten Daniel Spoerris sowie der wichtigsten für die Eat Art Galerie entstandenen Multiples den Wurzeln der Eat Art sowie der Galerie und ihren Aktivitäten. Der Hauptteil der Ausstellung präsentiert das breite Spektrum an jüngeren Positionen, die sich mit dem Einsatz alimentärer Materialien beschäftigen. Sie widmen sich aus bildhauerischer Sicht der Materialästhetik von Lebensmitteln, loten die Grenze zwischen gutem Geschmack und Ekel aus oder züchten Organismen unter Bedingungen industrieller Lebensmittelproduktion. Die Küche als kreativer und sozialer Produktionsort wird ebenso thematisiert wie die Medienwirksamkeit und Marktgängigkeit gastronomischer Inszenierungen. Andere Arbeiten reflektieren Verhaltensweisen der Überflussgesellschaft, Konsumwelt und Körperlichkeit sowie Schönheitsideale und Essstörungen oder zeigen spielerisch surreale, abgründige und groteske Aspekte des alltäglichen Umgangs mit Nahrung. Die Ausstellung umfasst zentrale internationale Leihgaben ebenso wie Arbeiten und Aktionen, welche die eingeladenen Künstlerinnen und Künstler für das Projekt entwickelt haben.
Die Ausstellung findet in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Düsseldorf und dem Kunstmuseum Stuttgart statt.
Vom Essen im Film ist die zwölfteilige Filmreihe im Rahmen der aktuellen Ausstellung. Eine Kooperation der Galerie im Taxispalais mit LEOKINO & CinematographLängst nicht alles, was wir essen, ist genießbar. Und wir essen’s dennoch! Vom zarten Lendenstück eines noch keine zwei Monate alten Mangalitzaschweines bis zum Dreifach-Big-Mäc – einmal fragwürdiger Auswuchs höchster Kochkunst für den (wenig) feinfühlenden Feinspitz und dann wieder eklatante Ernährungsmissgeburt durch das Kalkül im Welt umspannenden Fast Food-Geschäft: illustre Personen, die sich übers Essen definieren, auf der einen Seite und von Außen Gelenkte, die auf die Produktwahl ihrer Nahrung keinen Gedanken verschwenden, auf der anderen. Und zwischen diesen Polen der Ernährungsgegensätze sehen wir im Film eine verkommene Gesellschaft, die via kulinarischer Absurditäten sich selbst vorgeführt wird, eine festliche Familienzusammenkunft, bei der der Gefühlshaushalt der Festgemeinde in Brüche geht, einen Mann, der sämtliche Gepflogenheiten über Bord wirft und sich schließlich an einem Menschen vergreift, um ihn zu verspeisen, Mädchen, die sich lieber (selbst) verzehren, als etwas zu sich zu nehmen, ganze Landschaftsstriche, die der Tomatenaufzucht zum Opfer fallen. Und nochmals dazwischen? Kochen, kochen, kochen, was das Zeug hält. Aus diesen Ingredienzien ist die Filmreihe Vom Essen im Film zusammengestellt. (wg)
Eröffnung
Freitag, 23. April 2010, 19 Uhr
Zur Eröffnung sprechen
LR Dr. Beate Palfrader, Landesrätin für Kultur des Landes Tirol
Dr. Magdalena Holzhey, Kuratorin Kunsthalle Düsseldorf
Dr. Beate Ermacora, Direktorin Galerie im Taxispalais
Am Eröffnungsabend finden mehrere künstlerische Kochaktionen statt:
Christine Bernhard: Menu Prehistorique, 2009
Zeger Reyers: Mosselstoel / Musselchair / Muschelstuhl, seit 2000
Rirkrit Tiravanija: untitled 2009 (bring me the head of Thaksin Shinawatra), 2009
Publikation
Hg. Kunsthalle Düsseldorf, Galerie im Taxispalais, Innsbruck und Kunstmuseum Stuttgart
Mit Texten (dt. engl.) von Sylvette Babin, Jörg van den Berg, Christiane Boje, Renate Buschmann, Beate Ermacora, Elodie Evers, Gerrit Gohlke, Roland Groenenboom, Ulrike Groos, Thomas Hirsch, Magdalena Holzhey, Eva M. Kobler, Michael Krajewski, Elke Krasny, Harald Lemke, Johannes Meinhardt, Francis Outred, Philip Ross, Dietmar Rübel, Andreas Schlaegel, Henning Weidemann, Nikolai Wojtko
Dank an
Königlich Niederländische Botschaft, Wien; Vertretung der Regierung von Québec, Berlin; Polnisches Institut Wien;
Andrä Hörtnagl Produktion und Handel GmbH, Bäckerei Therese Mölk, Fruchthof – der Frischemarkt, Gebrüder Murauer GmbH, Ischia Fruits, Klotz Veranstaltungsservice, Villa Blanka