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Helena
Almeida, eine der bedeutendsten
KünstlerInnen Portugals, setzt sich selbst als ihr eigenes
Modell in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten. In ihren performativen
Szenarios bearbeitet sie den prekären Raum der
Repräsentation, indem sie mit den Mitteln der Fotografie, der
Malerei, der Zeichnung, der Objektkunst und der Sprache die Grenzen des
Bildes untersucht. Sie untersucht die subtilen
Übergängen vom Gegenstand zu dessen Abbild, vom
Illusionsraum der Fotografie zur malerischen Oberfläche.
Helena Almeida hat
für ihre subtile Auseinandersetzung mit dem
Verhältnis zwischen Frau und Bild den Begriff des "Bewohnten"
geprägt: "Bewohnte Leinwand", "Bewohnte Malerei", "Bewohnte
Zeichnung". Das "Bild", in dessen komplexen Raum sich die
Künstlerin einschreibt, wird hier scheinbar zum
unverzichtbaren Ort für die Frau, den sie imaginär
"bewohnt", zugleich wird es aber auch zum Ort der
Unterdrückung, der Einschließung, dem sie entrinnen
möchte.
Almeidas
Anfänge liegen in der Malerei, die sie zu einer
selbstreferentiellen Abhandlung über das Bild in der Malerei
führte: Sie begann, dessen materielle Bestandteile wie die
Leinwand, den Keilrahmen, die Farbe zum Gegenstand ihrer Untersuchung
zu machen und zugleich auch dessen strukturelle (neuzeitliche)
Funktion, nämlich ein "Fenster in die Welt" zu bilden, zu
hinterfragen. Das führte sie dazu, dieses Bild skulptural zu
erweitern, es in den Raum auszudehnen, um es dann bis zu ihren
aktuellen Arbeiten mittels Fotografie in unterschiedliche performative
Szenarios umzusetzen.
In feinster
Differenzierung verwandelt sich die Linie eines fotografierten Fadens
im Bild, der hier auch seinen Schatten wirft, in eine Linie auf der
Oberfläche des Bildes, inszeniert, als hätte die im
Foto präsente Künstlerin diese von innen nach
außen gezeichnet (Desenho Habitado / Bewohnte Zeichnung,
1975). Die Realitäten des (fotografischen) Illusionsraums und
jene der konkreten Oberfläche, des Bildträgers und
seines Materials, prallen hier aufeinander; sie erzeugen einen
Widerspruch, eine Form von rätselhafter, unentrinnbarer
Verschränkung. Denselben Effekt hat die blaue Farbe, die
Almeida auf die Oberfläche einer Fotografie setzt, um damit
ihr Gesicht zu verdecken mit dem Effekt, ihre Präsenz im Bild
zugleich hervorzuheben und zu verleugnen (Pintura Habitada / Bewohnte
Malerei, 1976).
In den achtziger Jahren
beginnt Almeida den Körper auszudehnen, ihn mittels
Inszenierungen
mit schwarzem Stoff und der Dimension der Fotografien zu
monumentalisieren. Dies geschieht in einem zunehmend
verunklärten Raum, in dem die Differenz zwischen
Fläche und Tiefe auf dem Spiel steht. (Negro Exterior /
Schwarzes Außen, 1981; Espaço Espesso / Dichter
Raum, 1982).
In ihren neueren
Arbeiten, ebenfalls in größeren Formaten, lotet
Almeida immer wieder andere Aspekte ihres Grundthemas aus. Dentro de
mim (Innerhalb von mir) bildet im wörtlichen Sinn eine
Reflexion auf den umgebenden (Atelier-)Raum. Die Serie zeigt in
Varianten die nackten Füße und Unterschenkel der
Künstlerin, welche liegend oder auf einem Bein stehend
für die Kamera posiert, während an ihren
Fußsohlen kleine rechteckige Spiegel angebracht sind; diese
fangen in minimalen Fragmenten den umgebenden Raum ein, um dadurch die
körperliche Realität des Fußes scheinbar
aufzuheben.
Für alle
Arbeiten Almeidas gilt: Der Körper verstrickt sich im Kontext
von Innen und Außen, von Abbild, von unbestimmtem Raum, von
malerischer und zeichnerischer Form und deren Material. Almeidas
Körperinszenierungen sind strukturiert wie ein poetischer
Text. Sie haben ein vieldeutiges Thema, das offen bleibt, sie sind
rhythmisch und formal widersprüchlich, sie sind sinnlich und
tiefsinnig; sie haben zugleich einen feinen Witz, der mit der
Oberfläche oder den Schatten spielt.
Die Ausstellung zeigt
eine Auswahl aus Helena Almeidas umfangreichem Werk seit den 1970er
Jahren bis heute.
Helena Almeida
ist 1934 in Lissabon geboren, wo sie heute auch lebt.
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