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Carola
Dertnig
4.
Februar – 19. März 2006
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Carola Dertnig,
"Playcastle", 2006 |
Carola Dertnig, "Lora Sana", 2005 |
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Eröffnung
Freitag, 3. Februar 2006, 19 Uhr
Eröffnung
durch LR Dr. Erwin Koler, Kulturreferent des Landes Tirol
Zur Ausstellung spricht Dr. Friedrich Tietjen, Wiener Secession und
Universität für Angewandte Kunst, Wien
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Im Zentrum
von Carola Dertnigs
Denken, ihrer Forschung und künstlerischen
Arbeit steht das
Performative. Texte, Bilder, Live-Aktionen und Videos bilden dabei
miteinander verschränkte performative Ebenen, in denen Dertnig
vordergründig Bekanntes mit vernachlässigten
Rückseiten und Gegenentwürfen konfrontiert. Die
Künstlerin ist zumeist selbst die Akteurin in ihren Arbeiten,
vornehmlich in ihren Videos; zugleich untersucht und reflektiert sie
performative Strategien aus den letzten Jahrzehnten, wobei
kritisch-feministisch geprägte Blickweisen sowie ein
explizites Interesse an der Politisierung von Gender zu den zentralen
Aspekten ihrer Arbeit gehören. Die Ausstellung zeigt das
breite Spektrum von Dertnigs künstlerischer Arbeit, die auch
jeweils die Orte in den Mittelpunkt rückt, mit denen die
Künstlerin verbunden ist.
Die Seefeld-Triologie
ist dem Ort gewidmet, wo Dertnig in der kleinen
Frühstückspension ihrer Großmutter
teilweise ihre Kindheit verbracht hat. Dertnig untersucht in drei
verschiedenen Arbeiten jene Prozesse, die durch den Tourismus in Gang
gesetzt und jeweils von widersprüchlichen kollektiven und
privaten Utopien durchquert werden. Im Haus Jenewein
geht
es um ein 1932 von dem Architekten Siegfried Mazagg erbautes Haus, ein
hervorragendes Beispiel für das Bauen der Moderne in alpinen
Regionen, das allerdings vor einigen Jahren abgerissen wurde, um
für ein Apartmenthaus im „Tiroler-Stil“
Platz zu machen. Dertnig versucht eine Rekonstruktion der Geschichte
dieses Hauses und der Implikationen seiner Zerstörung.
Bei Playcastle
thematisiert sie ein gescheitertes Tourismusprojekt und dessen
Architektur. Das Playcastle imitiert eine mittelalterliche Burg,
während seine hochmodernen unterirdischen Hallen mit seinen
Erlebniswelten der Inszenierung aller möglichen Markenwaren
hätten dienen sollen.
In der
Arbeit Love-Age
(ein Wortspiel mit lovage, dem englischen Wort für das
Gewürz Liebstöckl), 1999 in New York entstanden,
begegnen wir Dertnigs Großmutter, die als
selbständige Unternehmerin mit ihrer Pension einen wichtigen
Aspekt des Nachkriegstourismus repräsentierte. Dertnig
verschränkt die von der Großmutter
erzählten Träume von Liebesfantasien mit den
Fiktionen der Fernsehsoaps, die die alte Dame im Alter begleiteten.
Eine Fotoserie der seit den 1950er Jahren fast unveränderten
Räume der ehemaligen Frühstückspension
verknüpft das Vergangene mit dem Heute, um zugleich die
Bruchstellen des Privaten wie auch des touristisch
Öffentlichen zu markieren.
Die Arbeit ...but
buildings
can’talk... umfasst eine Serie von Zeichnungen,
Fotos und Texten, die Dertnig im Sommer des Jahres 2001 machte. Die
Gebäude, die sich hier „miteinander
unterhalten“, sind die zeichnerisch personifizierten
Türme des World Trade Center, ihr Thema ist das auf sie
verübte Attentat von 1993. Dertnig hatte in einem der
Zwillingstürme ein Atelier im 91. Stock, wodurch für
sie ein besonderer Bezug zu dem Gebäude entstand. In einer
Fotoserie hielt sie leer stehende Büros fest, die –
teilweise
devastiert
– vom plötzlichen, wirtschaftlich bedingten Auszug
ihrer Mieter zeugen.
...but buildings
can’talk... ist ein
ironisch-liebevoller
Metatext über die Stadt New York; die
Attentate von 9/11 rückten nicht nur die Stadt, sondern auch
Dertnigs Arbeit in ein völlig
neues Licht.
Im Video A room with a
view in the
financial district
dokumentieren die mit der Foto-Taste
der Videokamera aufgenommenen Bilder verlassene
(dot.com-)Büros im World Trade Center.
Diese
klare, mit dem Format der Dokumentarfotografie spielende
Bestandsaufnahme kombiniert Carola Dertnig mit einer
Ich-Erzählung aus dem Off, in der Beobachtungen zu
ökonomischen Strukturen und individuellen Lebensbedingungen,
künstlerischer Produktion und Wirtschaftskraft, zu
Überwachung und mobilen, verfügbaren Leerstellen in
einer kreisenden Dynamik ineinander fließen. (Rike Frank)
Die
Protagonistin Lora Sana der
gleichnamigen Foto- und Videoarbeit, die
Dertnig aus kommentierten Interviews ehemaliger Akteurinnen des Wiener
Aktionismus entwickelt hat, transponiert bislang unpopulär
gebliebene Aspekte kanonisierter Kunstgeschichte und die damit
verbundene Identitätsbildung des Wiener Aktionismus. Dertnig
verlässt die fiktional-dokumentarische Distanz
gegenüber dieser Kunstrichtung und führt diese
über in den gegenwärtigen Diskurs, indem sie die kaum
beachteten weiblichen „Modelle“ der Aktionisten ins
Zentrum setzt. Künstlerisch sieht das so aus, dass Dertnig auf
Aktionsfotos Bildausschnitte überzeichnet und so eine andere
Sichtweise auf die legendären Bilder ermöglicht. Die
neue Arbeit wird zu einer Dokumentation einer weiteren Aktion, eines
performativen Eingriffs.
In der
anlässlich der Ausstellung erstmals vollständig
gezeigten Video-Slapstickserie
True
Stories (1997 – 2003) kulminieren
Dertnigs
sensible Auffassungsgabe, ihre präzise Umsetzung und ihr Humor
auf hervorragende Weise.
Im Februar
2006 erscheint die mit Stefanie Seibold erarbeitete Publikation Let’s twist again
(Dea
Verlag). Die Dokumentation berücksichtigt insbesondere jene
Positionen von Performance in Wien seit 1960, die trotz ihrer Bedeutung
für die Szene von der offiziellen Kunstgeschichtsschreibung
weitgehend ignoriert wurden.
Carola
Dertnig lebt und arbeitet in Wien.
Zur
Ausstellung erscheint ein Katalog, der im Rahmen eines Vortrags
präsentiert wird. |
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Vortrag und
Katalogpräsentation
Donnerstag, 9.
März 2006, 19 Uhr
Michael
Zinganel
Frühstückspension
Dertnig – Performanzstrategien in
alpinen Bühnenlandschaften
Dr.
Michael
Zinganel arbeitet als
Architekturtheoretiker, Kurator und Künstler in Graz und Wien
und ist
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Technischen Universität
Graz.
Katalog
Carola
Dertnig
Nachbilder einer ungleichzeitigen Gegenwart / Afterimages of a
Non-simultaneous Present
Hg. Silvia Eiblmayr, Galerie im
Taxispalais, Innsbruck
Texte von Friedrich Tietjen, Michael Zinganel
und Joachim Moroder, Interview von Johanna Schwanberg mit Anni Brus und
Carola Dertnig (dt. / engl.)
Skarabæus Verlag, Innsbruck
2006
102 Seiten
Preis € 14,90
ISBN 3-7082-3209-7
Dank
an
Anni Brus, Helmut
Dertnig, Juma Hauser, Galerie Andreas Huber, Hanel Koeck, Heimatmuseum
Seefeld, Margit Alt Woldrich, Hannes Seyrling, Erna Andergassen,
Kulturausschuss der Gemeinde Seefeld in Tirol, Michael Rosenkranz,
Univ. Prof. Dr. Joachim Moroder
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Galerie
im Taxispalais Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr LeseRAUM:
Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr
T +43/512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at |
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