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Fotos: Rainer Iglar
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Projektion White Flight
White Flight, 1997
Geschichte und
Erinnerung, kollektive und persönliche Erfahrungen vor dem
Hintergrund verschiedener Vorstellungen von Männlichkeit,
Macht und Gewalt sind zentrale Themen der Trilogie "White Flight"
(1997), "Man to Man" (2000) und "Kap Atlantis" (2002). Der 1959
geborene schwedische Künstler verknüpft historisches
Filmmaterial, das sein Vater, der Journalist Lars Hjelm, an
verschiedenen politischen und kriegerischen Schauplätzen der
Welt gedreht hat, mit eigenen Aufnahmen, die teils an denselben Orten
und manchmal auch mit den Protagonisten von damals entstanden sind.
"White Flight", der
erste Teil der Trilogie, erzählt die Geschichte der
Black-Power-Bewegung in den USA. Der Film wurde in Detroit gedreht,
einer Stadt, die während der Nachkriegszeit das Flaggschiff
der amerikanischen Industrie und die Heimat einer erstarkten schwarzen
Mittelklasse war. Während der späten 1960er Jahre
wurde Detroit zum Schauplatz der schlimmsten Rassenunruhen in der
Geschichte der Vereinigten Staaten –
weite Teile der Stadt wurden bei den gewalttätigen
Zusammenstößen zwischen Militär und
schwarzer Bevölkerung zerstört. Der Umzug der
weißen BewohnerInnen in die Vorstädte –
die titelgebende "weiße Flucht" –
ging Hand in Hand mit dem Verfall der Innenstadt.
1968 filmte Mats Hjelms
Vater die Rassenunruhen und einige Protagonisten der
Black-Power-Bewegung in Detroit. 30 Jahre später wiederholte
Mats Hjelm diese Reise.
"White Flight" verknüpft Dokumentarmaterial aus den 1960ern
mit neu gefilmtem Material. Entstanden ist dabei eine eindringliche
Auseinandersetzung mit Detroit als Zentrum ethnischer und
wirtschaftlicher Kontraste; der Film ist zugleich auch eine
Annäherung an die Frage, wie das Vergangene in der Gegenwart
weiterwirkt, wie das Vermächtnis einer Generation an die
nächste weitergegeben wird –
oder möglicherweise auch verloren geht. So bemerkt einer der
ehemaligen Anführer der Black-Panther-Bewegung in einer Szene:
"Wir haben zwei Generationen von Schwarzen verloren". Zugleich ist
"White Flight" auch Helms künstlerischer Abschied von seinem
1996 verstorbenen Vater.
"White
Flight" ist eine verfeinerte Form des Dokumentarfilms, erweitert durch
den Einsatz digitaler Technologie. In "White Flight" gibt es keinen
bestimmten Anfang und kein bestimmtes Ende. Filmsequenzen laufen in
zufälligen Bildschleifen nebeneinander und verbinden sich zu
einer nicht-linearen Erzählung – die
formale Entsprechung
zu der nicht-chronologischen Struktur von Erinnerung, ihren Bildern und
Wirkungen. So betonte Hjelm in einem Interview: "Ich bin auf der Suche
nach Wahrnehmungsstrukturen: Empfindungen, die in Dingen hervorgebracht
werden. Etwas, das mich im Nachhinein beeinflusst, nicht als
mögliches Diskussionsthema, sondern als Bild (...) die
Grundlage und Bedingung für eine politische Position."
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