Carol Rama
Appassionata
4. Dezember 2004 – 30. Jänner 2005

 
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Carol Rama, "Appassionata", 1939
Courtesy Galleria Franco Masoero, Turin. Foto: Pino Dell'Aquila

Carol Rama, "Appassionata", 1939
Privatsammlung, Mailand. Foto: Giovanni Ricci

 

 

Eröffnung
Freitag, 3. Dezember 2004, 19 Uhr

Eröffnung durch Landesrätin Dr. Elisabeth Zanon, Kulturreferentin des Landes Tirol
Zur Ausstellung spricht Dr. Silvia Eiblmayr, Galerie im Taxispalais, Innsbruck
Saluto Dr. Giovanni Pedrazzoli, Console Generale d’Italia

 
 

Carol Rama nimmt in ihrem Frühwerk (ab 1936) eine radikale, tabubrechende Position ein, in der sie vieles vorwegnimmt, was die künstlerische Auseinandersetzung mit Körper und Sexualität in den 1960er und 1970er Jahren kennzeichnet. In ihren fragilen Aquarellen malte und zeichnete sie erotische Szenarios mit oft fragmentierten, verletzten Körpern von vornehmlich Frauen oder mit sexueller Symbolik besetzte Objekte, wie Schuhe und Prothesen oder auch Tiere. In den 1950er Jahren wandte sie sich der Abstraktion zu, um in der Folge in diese Bilder wiederum körperspezifische Materialien einzuarbeiten, wie Tierkrallen, Fell, Puppenaugen oder Gummischläuche.
Seit Anfang der 1980er Jahre beschäftigt sich Carol Rama verstärkt wieder mit ihrem frühen Thema, der erotischen Zeichnung. Alltagsthemen fließen hier ebenso ein wie mythische Figuren, die – wie fast ihr gesamtes Werk – immer auch eine ironische Note haben.

Carol Rama nimmt als Künstlerin in ihrer Generation eine herausragende Position ein. Sie wurde 1918 in Turin geboren und wuchs als jüngste Tochter eines Turiner Fabrikanten auf. Als Künstlerin Autodidaktin, fand Carol Rama in Felice Casorati, dem damals berühmtesten Maler Turins, einen Förderer. Als wichtigen Anstoß zur eigenen künstlerischen Arbeit bezeichnete Carol Rama einmal die familiären Belastungen ihrer Jugend, u. a. die Krankheit der Mutter. 1988 äußerte sie: „... Ich merkte, dass das Malen mich von der Angst befreite, die auf mir lastete wegen all dem, was in meiner Familie geschah, und in eine Angst umwandelte, die mich zu all dem brachte, was die Gesellschaft allgemein als einen Affront bezeichnet. Ich kann nicht leugnen, dass mir dieses Spiel gut gefiel und dass ich es bis ins Äußerste trieb.“

Wie der Dichter Edoardo Sanguineti schreibt, ist Carol Rama „ein ausgezeichnetes Beispiel für eine Künstlerin, die bei der ersten Materialisierung ihrer innersten Fantasien ein Schauder von erschrockenem Staunen erfasst und die dann für eine lange Zeit mit brennendem Exorzismus versucht, diese Fantasien abzukühlen, sie zu umkreisen, sie neutralisiert auf eine Kette von gleichwertigen Lösungen zu projizieren, die aber kontrollierbar und aushaltbar sind, und ich denke, wir können ebenfalls sagen, schmerzlos, indem sie mit den Mitteln abstrakter Objektivierung scharfsinnig temperiert und geschickt filtert und dennoch die ursprüngliche Spannung aufrechterhält“ (aus: „L’esilio e il ritorno“).

Die Ausstellung „Carol Rama. Appassionata“ zeigt einen exemplarischen Überblick über das Werk der Künstlerin. Ein besonderes Schlaglicht setzt sie auf ihre enge und bedeutende künstlerische Beziehung zu Edoardo Sanguineti. Am 10. Jänner 2005, 19 Uhr, wird Edoardo Sanguineti in der Galerie im Taxispalais eigene Texte lesen, davon viele über Carol Rama.

Mit „Carol Rama. Appassionata“ ist die Künstlerin erstmals mit einer umfassenden Einzelausstellung im deutschsprachigen Raum zu sehen. Bisher waren Arbeiten von Carol Rama außerhalb Italiens nur vereinzelt präsent. 1998 richtete das Stedelijk Museum in Amsterdam der Künstlerin eine erste größere Werkschau im Ausland ein. Im Jahr zuvor wurde sie in der Esso Gallery, New York, zum ersten Mal in einer Einzelausstellung in den USA gezeigt.

Carol Rama erhielt im Sommer 2003 den Goldenen Löwen der Biennale in Venedig.
Sie lebt in Turin.

Die Ausstellung „Carol Rama. Appassionata“ entstand in Zusammenarbeit mit Dr. Brigitte Reinhardt, Direktorin des Ulmer Museum, Ulm, wo sie vom 12. September bis 14. November 2004 zu sehen war, sowie mit Franco Masoero und Alexandra Wetzel, Galleria Franco Masoero, Turin.

 
 

Ausstellungsgespräch
Gespräch mit Carol Rama, Dr. Brigitte Reinhardt, Direktorin des Ulmer Museums, Franco Masoero und Alexandra Wetzel, Galerie Franco Masoero, Turin
Samstag, 4. Dezember 2004, 12 Uhr

Lesung
Edoardo Sanguineti
Montag, 10. Jänner 2005, 19 Uhr

In Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut, Innsbruck

 
  Katalog
Carol Rama. Appassionata
Hg. Brigitte Reinhardt, Ulmer Museum; Silvia Eiblmayr, Galerie im Taxispalais, Innsbruck.
Texte von Silvia Eiblmayr, Brigitte Reinhardt, Edoardo Sanguineti, Lea Vergine. (dt. / engl.)
Verlag Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2004
145 S., 85 Abb. davon ca. 75 farbig
Preis 19,80 €
ISBN3-7757-1478-2
 
  Podiumsdiskussion
Im Westen liegt der Balkan
Freitag, 21. Jänner 2005, 19 Uhr

mit Edit András, Iosif Király, Beral Madra, Bojana Pejić, Anton Pelinka
Moderation: Georg Schöllhammer
[in engl. Sprache]


Die Rede vom Balkan setzt seit einiger Zeit in Europa wieder politische und kulturelle Energien frei ähnlich wie einst die Rede von Mitteleuropa hierzulande. In der Region befördert sie ein neues Selbstbewusstsein städtischer Intellektueller und KünstlerInnenszenen. Das Balkanbild des alten Westen Europas wiederum ist meist gemischt aus Bildern von Armut, Korruption, Nationalismus und Rückständigkeit, mit denen bunte folkloristische Bilderwelten und Klänge des Turbofolk amalgamieren.
Was treibt diese Balkan-Konjunktur an und wie vermittelt sie sich vor dem Hintergrund der europäischen Einigungsbewegung und den Diskussionen um die Türkei in Europa? Welche
auch künstlerischen Strategien lassen sich durch oder gegen sie entwickeln? Zu diesen Fragen diskutieren Edit András, Iosif Király, Beral Madra, Bojana Pejić, Anton Pelinka und Georg Schöllhammer.

Edit András arbeitet als Kuratorin und ist Kunsthistorikerin am Institut für Kunstgeschichte in Budapest.
Iosif Király ist Fotograf, gründete gemeinsam mit Calin Dan und Dan Mihaltianu die Gruppe subREAL, lebt in Bukarest.
Beral Madra ist Kunstkritikerin und Kuratorin, sie leitet seit 1990 das BM Contemporary Art Center in Istanbul.
Bojana Pejić ist Kunsthistorikerin, leitete das studentische Kulturzentrum im Belgrad und war Kuratorin von "After the Wall".
Anton Pelinka ist Professor am Institut für Politikwissenschaft in Innsbruck und Direktor des Instituts für Konfliktforschung, Wien.
Georg Schöllhammer, springerin 
Hefte für Gegenwartskunst, Wien.
 
  Dank an Franco Masoero und Alexandra Wetzel, Galerie Franco Masoero, Turin
Italienisches Kulturinstitut Innsbruck
 
Galerie im Taxispalais Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr LeseRAUM: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr
T +43/512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at