Helena Almeida
6. Juni – 10. August 2003
 
  Halle
 
 




"Dentro de mim", 2000
"Espaço Espesso", 1982, Dr. João Rendeiro Collection, Lisboa
"Corte Secreto", 1981, Centro de Arte Moderna José de Azeredo Perdigão/Fundação Calouste Gulbenkian
Fotos: Rainer Iglar

In den achtziger Jahren begann Helena Almeida den Körper auszudehnen, ihn mittels Inszenierungen mit schwarzem Stoff und der Dimension der Fotografien zu monumentalisieren. Dies geschieht in einem zunehmend verunklärten Raum, in dem die Differenz zwischen Fläche und Tiefe auf dem Spiel steht: Negro Exterior (Schwarzes Außen, 1981), Espaço Espesso (Dichter Raum, 1982) und Corte Secreto (Geheimer Einschnitt, 1981).

In ihren neuesten Arbeiten, ebenfalls in größeren Formaten, lotet Almeida immer wieder andere Aspekte ihres Grundthemas aus. Dentro de mim (Innerhalb von mir, 2000) bildet im wörtlichen Sinn eine Reflexion auf den umgebenden (Atelier-)Raum. Die Serie zeigt in Varianten die nackten Füße und Unterschenkel der Künstlerin, die liegend oder auf einem Bein stehend für die Kamera posiert, während an ihren Fußsohlen kleine rechteckige Spiegel angebracht sind; diese fangen in minimalen Fragmenten den umgebenden Raum ein, um dadurch die körperliche Realität des Fußes scheinbar aufzuheben.

Bei der Serie Saida Negra (Schwarzer Ausgang, 1995) konzentriert Almeida die Aufmerksamkeit auf das Material der Malerei selbst wie die Pigmente und den Bildträger. Diesen bildet hier der Zeichentisch, auf dem in unterschiedlichen Stellungen die Arme der Künstlerin aufliegen. Almeida eröffnet einen unbestimmten, imaginären Raum, der durch den Betrachter/die Betrachterin virtuell ergänzt oder verändert wird.

Die Arbeiten Almeidas sind strukturiert wie ein poetischer Text. Sie haben ein vieldeutiges Thema, das offen bleibt, sie sind rhythmisch und formal widersprüchlich, sie sind sinnlich und tiefsinnig, und sie haben zugleich einen feinen Witz, der mit der Oberfläche oder den Schatten spielt.

In ihnen nähern wir uns jener Vorstellung vom Text, wie sie Roland Barthes in Die Lust am Text (1974) so formuliert hat: "Manche wollen einen Text (eine Kunst, eine Malerei) ohne Schatten, der getrennt ist von der ‚herrschenden Ideologie'; aber das wäre ein Text ohne Fruchtbarkeit, ohne Produktivität, ein steriler Text (siehe den Mythos von der Frau ohne Schatten). Der Text braucht seinen Schatten: dieser Schatten, das ist ein bißchen Ideologie, ein bißchen Darstellung, ein bißchen Subjekt: notwendige Geister, Luftblasen, Streifen, Wolken: die Subversion muß ihr eigenes Halbdunkel hervorbringen."

"Ich bin noch nie ganz mit der Leinwand, dem Papier oder einem sonstigen Bildträger zurechtgekommen. Ich glaube, das, was mich dazu gebracht hat, Volumina, Fäden und andere Formen zu verwenden, um aus diesen Elementen hervorzutreten, war meine tiefe Unzufriedenheit mit den Fragen des Raumes. Diese Fragen sind zu einer Konstante meiner Arbeit geworden indem ich mich ihnen entweder stelle oder sie zurückweise. Ich glaube, dass ich nun sagen kann, dass ich Bilder male und Zeichnungen zeichne. Es ist nicht eine Frage des Ausstellens, sondern eine des Bloßlegens; es geht auch darum, die Ideologie und den Charakter der 'Kunst' auf eine viel profundere Weise vermitteln zu können, sie zu akzeptieren und daher auch imstande zu sein, sie zu verleugnen.
Durch die Fotografien innerhalb der Zeichnungen kommt, glaube ich, dieselbe Verleugnung auf verschiedene Arten zum Tragen. Was ich hier bloßlege, sind nicht die 'Abdrücke des Künstlers', sondern eher die Repräsentation und die Verleugnung dieser Spuren. Diese Verleugnung bedeutet die Wiederentdeckung eines anderen Raumes, während man zugleich in eine weitere poetische Falle tritt. Dies passiert, wenn ich mich als 'Künstlerin' in den reellen Raum und den Betrachter in einen virtuellen Raum stelle. Er bzw. sie tauscht mit dem Bildträger Platz und wird zu einem imaginären Raum.
Zu etwas Unwirklichem werden. Den Anreiz zum Besitz von intimen Freuden geben.
Zur Ruhe kommen wie in einer Zeichnung. Das warme Innere einer gekrümmten Linie erleben. Den Frieden einer bewohnten Zeichnung wieder finden."
Helena Almeida, 1976

 
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