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Die verletzte Diva
Hysterie, Körper, Technik in der Kunst des 20. Jahrhunderts
3. März - 7. Mai 2000
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Eleanor
Antin |
Anne-Mie
Van Kerckhoven |
Michaela
Melián |
Orlan |
Aura
Rosenberg |
Faith
Wilding |
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Statement by / von Eleanor Antin
America has plenty of racists, but so
far no candidate for national office dares espouse a racist
position if he or she wants to get elected. What I think is
disgraceful is for a national government of an important European
country to welcome a neo-Nazi political leader into a governing
coalition. I am certain that the arts community repudiates
this coalition, and I want to offer you my support by expressing
my indignation at this irresponsible act of your government
because it offers a cloak of respectability to the politics
of the sewer.
In Amerika gibt es viele Rassisten, aber bisher haben jene,
die für ein nationales Amt kandidierten, es nicht gewagt,
eine rassistische Haltung einzunehmen, wenn sie gewählt
werden wollten. Ich glaube, es ist eine Schande für die
Regierung eines wichtigen europäischen Landes, mit einem
politischen Führer, der ein Neo-Nazi ist, eine Regierungskoalition
einzugehen. Ich bin sicher, dass die Kunstwelt diese Koalition
ablehnt und ich möchte Euch meine Unterstützung
anbieten, indem ich meiner Verärgerung über diesen
verantwortungslosen Akt Eurer Regierung Ausdruck verleihe,
weil damit der Politik der Gosse ein Mäntelchen der Respektabilität
umgehängt wird.
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Statement by
/ von Anne-Mie Van Kerckhoven
In a time where
radical statements try to stop evolution, even try to turn
back time, art shows its extreme relevance again. The more
repressive ideas try to take over, the more effort the artist,
as a critic intellectual, has to put in raising her/his voice;
be the clearest as possible, be present, aware; no excuse
to hide, no excuse to keep quiet. Because this is the essence
of artmaking we talk about: create consciousness, beware freedom
of mind and provide the recipe, the way to live it.
In einer Zeit, in der mit radikalen Statements versucht wird,
die Evolution zu stoppen bzw. sogar die Zeit zurückzudrehen,
bestätigt Kunst wieder ihre extreme Relevanz. Je stärker
repressive Ideen versuchen, überhandzunehmen, umso eher
muss der/die KünstlerIn als intellektuelle(r) KritikerIn
die Stimme erheben; muss in der Haltung so klar als möglich
sein, präsent, bewusst; es gibt keine Entschuldigung
dafür, sich zu verstecken oder zu schweigen. Denn dies
ist die Essenz, wenn man Kunst macht, so wie wir sie verstehen:
Bewusstsein zu schaffen, die Freiheit des Geistes zu bewahren
und für die Mittel zu sorgen, den Weg, diese zu leben.
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Statement von
Michaela Melián
Ein Ausstellungsprojekt
wie "Die verletzte Diva" in der Galerie im Taxispalais zu
boykottieren, halte ich für kontraproduktiv. Themen und
Positionen, die Gegenstand dieser Ausstellung sind, müssen
weiter formuliert und nicht vorauseilend, quasi freiwillig,
selbst zensiert werden. Silvia Eiblmayr leistet mit ihrer
Arbeit einen wichtigen Beitrag, das "andere" Österreich
zu vertreten.
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Statement by
Orlan
Je suis venue
bien que le mot d'ordre de plusieurs personnalitès
et artistes francais soit de boycotter toutes les manifestations
culturelles organisèes par l'Autriche ce qui bien sur
est un scènario possible qui a son efficacitè
et qui est dèfendable a ètè d'ailleurs
ma première position.
Je suis venue bien que je sois choquèe, effrayèe
par la montèe de l'extréme droite.
Je suis venue et j'expose une de mes oeuvres á Innsbruck
dont le titre "Self hybridation" parle tout seul.
Je suis venue pour prendre la parole car il n'est pas question
de faire comme si tout allait bien de dèdramatiser
la situation.
Je suis venue car je pense qu'il faut faire face et occuper
le terrain et qu'il ne faut pas se censurer soi-méme.
Je suis venue car je pense qu'il est indispensable de soutenir
les acteurs de la vie culturelle autrichienne qui ont toujours
travailler pour dèfendre toutes les libertès
prisent par l'art contemporain et ce avec intelligence et
passion et qui luttent contre nos vieux monstres qui nous
avons aussi en France.
Je suis venue pour vous lire une part d'un texte, un texte
que j'aurai pu ècrire mais qui a ètè
ècrit par un artiste francais, Noël Dolla, qui vit
dans le sud de la France ou plusieurs villes et règions
sont FN qui a donc du faire face á une situation semblable
á la votre. Cet artiste á dècidè
que ce texte accompagnera de facon visible toutes ses expositions
et catalogues lorsque la situation idèologique de certains
pays, règions et villes le nècessitera.
J'ai choisi quelque
passage du texte:
Libertè
"Lorsqu'on ferme une ècole
on ouvre une prison et une èglise."
Si le mensonge individuel me fait horreur, je considere le
mensonge institutionnel comme un crime.
Je suis contre les prohibitions, contre les interdits, pour
l'èducation.
Le racisme est un acte odieux, il me fait horreur. L'antisèmitisme
est sans excuse, c'est une honte pour l'humanitè. Je
suis pour la diffèrence des cultures, contre l'assimilation
et l'intègration, qui ne sont que des nègations
de l'autre.
Ta culture ètranger vaut autant que la mienne, la couleur
de ta peau est aussi belle que la mienne. Je suis riche de
nos diffèrences.
Je suis contre la torture y compris pour des raisons d'ètat;
I'invocation de la raison d'ètat est toujours une mauvaise
raison.
Je suis dans tous les cas dèfinitivement contre la
peine de mort.
Je suis pour la libertè de la femme de choisir le moment
de sa grossesse. (Contraception toujours/ avortement si nècessaire.
Orlan: Si j'avais ècrit le texte je dirai que je suis
fèministe et contre toute discrimination)
Je suis pour la science et la preuve expèrimentale.
Je suis contre l'horoscope, la divination, le tarot et autres
fariboles qui sont des formes sournoises de l'obscurantisme.
Je suis pour la sèparation absolue de l'èglise
et de l'ètat.
Je suis contre la censure sous toutes ces formes. Je suis
pour la libertè individuelle poussèe au plus
haut niveau.
Tous les hommes sont uniques, tous les hommes sont á
considèrer comme des Ïuvres d'art. Je suis pour la
libertè de choisir ma forme de vie et le moment de
ma mort.
J'honore tous ceux qui dans le monde sont morts dans la rèsistance
contre l'oppression et l'injustice.
J'honore Rousseau et Voltaire, Marx et Freud, Rimbaud et Artaud,
Duchamp, Pasteur et Einstein et bien d'autres encore.
Les mots libertè ègalitè fraternitè
ont encore un sens pour moi. Je suis un citoyen du monde.
Je hais tous les nationalismes.
Statement von Orlan
Ich bin gekommen, obwohl verschiedene
französische Persönlichkeiten und Künstler
dazu aufgefordert haben, jegliche kulturellen Manifestationen,
die von österreichischer Seite organisiert wurden, zu
boykottieren. Dies wäre natürlich ein mögliches
Szenario gewesen, das wirkungsvoll und zu rechtfertigen gewesen
wäre, es war übrigens meine ursprüngliche Haltung.
Ich bin gekommen, obwohl ich über den Zugewinn der extremen
Rechten schockiert und entmutigt bin.
Ich bin gekommen und stelle eine Arbeit in Innsbruck aus,
deren Titel Self hybridation (Selbsthybridisierung) für
sich spricht.
Ich bin gekommen, um das Wort zu ergreifen, da es sich nicht
darum handeln kann, so zu tun, als ob alles in Ordnung wäre
und sich die Situation entdramatisieren würde.
Ich bin gekommen, weil ich der Meinung bin, dass man Widerstand
leisten und das Terrain besetzen muss und sich nicht selbst
zensurieren darf.
Ich bin gekommen, weil ich glaube, dass es sehr wichtig ist,
die Vertreter des kulturellen Lebens in Österreich zu
unterstützen, die sich stets mit Intelligenz und Leidenschaft
dafür eingesetzt haben, all diejenigen Freiheiten zu
verteidigen, die sich die zeitgenössische Kunst errungen
hat, und die gegen die alten Ungeheuerlichkeiten kämpfen,
die es auch bei uns in Frankreich gibt.
Ich bin gekommen, um Ihnen Teile aus einem Text vorzulesen,
der von mir stammen könnte, der jedoch von dem französischen
Künstler Nol Dolla geschrieben wurde, der in Südfrankreich
lebt, wo mehrere Städte und Regionen Anhänger der
FN sind, und der daher mit einer ähnlichen Situation
konfrontiert ist wie Sie. Dieser Künstler hat sich entschlossen,
diesen Text in allen seinen Ausstellungen und Katalogen zu
veröffentlichen, da die ideologische Situation bestimmter
Länder, Regionen und Städte dies erfordert.
Ich habe einige Passagen dieses Textes ausgewählt:
Freiheit
"Wenn man eine Schule schließt,
öffnet man ein Gefängnis und eine Kirche."
Wenn die individuelle Lüge mir Angst macht, so betrachte
ich die institutionelle Lüge als Verbrechen.
Ich bin gegen Verbote, gegen Entmündigung, für Bildung.
Der Rassismus ist verabscheuungswürdig, er macht mir
Angst. Für den Antisemitismus gibt es keine Entschuldigung,
er ist eine Schande für die Menschheit. Ich bin für
den Unterschied zwischen den Kulturen, gegen die Assimilation
und die Integration, die nichts anderes sind als dessen Negation.
Deine fremde Kultur ist ebenso so viel wert wie meine, deine
Hautfarbe ist ebenso schön wie meine. Unsere Unterschiedlichkeit
bedeutet für mich eine Bereicherung.
Ich bin gegen die Folter, auch gegen die Folter aus Gründen
der Staatsräson; die Berufung auf die Staatsräson
ist immer eine schlechte Begründung.
Ich bin in jedem Fall definitiv gegen die Todesstrafe.
Ich bin für die Freiheit der Frau, den Moment ihrer Schwangerschaft
selbst wählen zu können. (Empfängnisverhütung
immer, Abtreibung wenn notwendig. Orlan: Hätte ich den
Text geschrieben, würde ich sagen, dass ich Feministin bin
und gegen jede Diskriminierung.)
Ich bin für die Wissenschaft und den experimentellen
Beweis. Ich bin gegen Horoskope, Wahrsagerei, Tarot und andere
belanglose Dinge, die heimtückische Formen der Massenverdummung
sind.
Ich bin für die absolute Trennung von Kirche und Staat.
Ich bin gegen jede Art von Zensur. Ich bin für die weitestgehende
individuelle Freiheit.
Alle Menschen sind einzigartig, alle Menschen müssen
als Kunstwerke betrachtet werden. Ich bin für die Freiheit,
meine Lebensform zu wählen ebenso wie den Zeitpunkt meines
Todes.
Ich verehre alle, die auf dieser Welt für den Widerstand
gegen die Unterdrückung und die Ungerechtigkeit gestorben
sind.
Ich verehre Rousseau und Voltaire, Marx und Freud, Rimbaud
und Artaud, Duchamp, Pasteur und Einstein und viele andere.
Die Worte "Freiheit", "Gleichheit " , "Brüderlichkeit"
haben für mich noch einen Sinn. Ich bin ein Weltbürger.
Ich hasse jeden Nationalismus.
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Statement by
/ von Aura Rosenberg
I am writing to
add my voice to the collective denunciation of everything
Jörg Haider and his Freedom Party represents. I call
upon all other political parties in Austria to isolate the
Freedom Party, not to join in coalition with it. Although
Robert Fleck and others have called for a general boycott
of Austria by the international art community, I believe that
modes of resistance must necessarily vary for different artists
working and different contexts. The only rule should be "no
business as usual." Under this rubric, the progressive community
should avoid splitting up into competing factions. Within
this framework, I have decided to participate in "Die Verletzte
Diva" exhibition for three reasons:
1.
More than fifty years ago, my father and his family were forced
by the Third Reich to flee Germany. What was then labeled
as "Entartete Kunst" was also banished. I refuse to silence
myself while racists spew their rhetoric of hatred. Thus,
I want my participation in this exhibit to include both my
artwork and my statement. This helps develop this exhibition
as a forum for protest.
2.
Over the course of several years I have enjoyed a friendship
with Silvia Eiblmayr, one of the exhibition curators, characterized
by mutual respect and trust. Bigots, like Haider, cannot be
allowed to disrupt contacts between the progressive individuals
and cultural communities in Austria and their colleagues in
other countries.
3.
Finally, my "Head Shots" photographs are themselves a protest
against cultural stereotyping. The media propagates a stereotype
of sexual difference which these photos aim to offset. As
an artist, I believe that these kinds of investigations form
one of the pillars of a liberal and tolerant society.
Ich schreibe diese
Zeilen, um in den Chor der kollektiven Ablehnung für
alles, für das Jörg Haider und seine Freiheitliche
Partei stehen, einzustimmen. Ich fordere alle anderen politischen
Partien in Österreich auf, die Freiheitliche Partei zu
isolieren, nicht eine Koalition mit ihr einzugehen. Obwohl
Robert Fleck und andere zu einem allgemeinen Boykott Österreichs
durch die internationale Gemeinschaft der KünstlerInnen
aufgerufen haben, glaube ich, dass man seinen eigenen Modus
des Widerstands finden muss, der von KünstlerIn zu KünstlerIn
und von Kontext zu Kontext verschieden sein wird. Die einzige
Regel sollte sein: "Keinesfalls zur Tagesordnung übergehen."
In diesem Sinne sollte es die Gemeinschaft der Progressiven
vermeiden, sich in konkurrierende Lager zu spalten. Vor diesem
Hintergrund habe ich beschlossen, aus den folgenden drei Gründen
an der Ausstellung "Die verletzte Diva" teilzunehmen:
1.
Vor mehr als 50 Jahren waren mein Vater und seine Familie
durch das Dritte Reich gezwungen, aus Deutschland zu fliehen.
Auch das, was damals als "Entartete Kunst" bezeichnet wurde,
war verboten. Ich lehne es ab, zu schweigen, während
Rassisten Hasstiraden verbreiten. Daher will ich, dass zu
meiner Teilnahme an dieser Ausstellung meine Arbeit und mein
Statement gehören. Auch das kann dazu beitragen, daß
sich diese Ausstellung zu einem Protestforum entwickelt.
2.
Mit Silvia Eiblmayr, einer der Kuratorinnen der Ausstellung,
verbindet mich seit einigen Jahren eine Freundschaft, die
durch gegenseitige Achtung und Vertrauen gekennzeichnet ist.
Es darf Scheinheiligen wie Haider nicht gelingen, Kontakte
zwischen den progressiv denkenden Einzelpersonen und kulturellen
Gruppen in Österreich und ihren KollegInnen in anderen
Ländern zu stören.
3.
Meine Fotos mit dem Titel "Head Shots" sind selbst ein Protest
gegen kulturelle Stereotypisierung. Die Medien propagieren
ein Stereotyp sexueller Differenz, dem diese Fotos entgegenwirken
wollen. Als Künstlerin glaube ich, dass diese Art von
Untersuchungen eine der Säulen einer liberalen und toleranten
Gesellschaft bilden.
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Statement by
/ von Faith Wilding
Hello. I am in solidarity with the Galerie im Taxispalais,
Silvia Eiblmayr, and all autonomy- loving Austrians in standing
against the forces of patriarchal authoritarianism and racist,
sexist powermongering and repression. I offer my art work
as a testimony to my life-long support and activism on behalf
of autonomy and becoming for all....Waiting for people to
come to their senses and say no to the power of the State...
And you can post that on the door to the exhibition.
I believe we shouldn't stop doing our critical and interventionist
work anywhere we can find a platform for it. So I will not
withdraw my work from the exhibition. But if I come to Austria
and speak and receive an honorarium I will donate it to an
initiative or group in Austria which makes or supports critical
art which the Haider State opposes - such as public Netbase
or a feminist group which you might help me find.
Hallo. Ich erkläre mich mit der Galerie im Taxispalais,
Silvia Eiblmayr und allen autonomieliebenden Österreicherinnen
und Österreichern solidarisch, wenn sie sich den Kräften
des autoritären Patriarchats und der rassistischen, sexistischen
Machtspiele und Unterdrückung widersetzen. Ich biete
meine Arbeit als Zeugnis dafür, dass ich mich Zeit meines
Lebens für Autonomie und eigenständige Entwicklung
für alle eingesetzt und engagiert habe....Darauf wartend,
dass die Menschen zur Vernunft kommen und Nein zur Macht des
Staates sagen...Das könnt ihr an der Tür zur Ausstellung
anschlagen!
Ich glaube, wir
sollten nicht aufhören, unsere kritischen Arbeiten zu
machen und unsere Interventionen vorzunehmen, egal, wo wir
eine Plattform dafür finden. Ich werde daher meine Arbeit
nicht aus der Ausstellung zurückziehen. Wenn ich aber
nach Österreich komme und für einen Vortrag ein
Honorar erhalte, dann werde ich es einer Initiative oder Gruppe
in Österreich spenden, die jene kritische Kunst macht
oder unterstützt, gegen die der Haider - Staat ist -
wie etwa Public Netbase oder eine feministische Gruppe, die
ich vielleicht mit Eurer Hilfe finden werde.
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Galerie im Taxispalais
Maria-Theresien-Str. 45 A-6020 Innsbruck
Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Do 11-20 Uhr LeseRAUM:
Di-Sa 11-18, Do 11-20 Uhr
T+43/512/508-3172, -3173 F 508-3175 taxis.galerie@tirol.gv.at |
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