Philipp Lachenmann (D)
Code Talker, 2001
"Code Talker" ist eine Video-Porträtserie,
bei der ausgewählte Personen sich in ihrer Muttersprache
(hier Dänisch bzw. Navajo) und in vorgegebenen (Film-)Settings
zu Themen äußern, die sie betreffen. Wie beim Stummfilm
geben Schrifttafeln Informationen zu Person und Thema. Die
Erzählung selbst bleibt eingekapselt im fremdartigen
Sprechen, die Aufmerksamkeit fällt nun auf sonst nebensächliche
Kommunikationsebenen: die Gebärdensprache, die Hände,
Haltung, Augen, Gesicht, die Tonalität des Sprechens.
Die Aufnahme-Settings sind eigens für das jeweilige Thema
bzw. die Person gebaut oder speziell gewählt. So entsteht
ein Geflecht von Erwartungshaltungen, Rollenadaption und Identitätsbefragung.
Wie der Titel "Code Talker" bereits andeutet, erscheint
die gesprochene Sprache hierbei als eine mögliche Tarnung
– er bezieht sich auf
eine zu Beginn des 19. Jahrhunderts entwickelte Geheim-Sprache
der Navajos, die in den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts in
den Dienst der US-Army gestellt wurde.
Code Talker 1: James Peshlakai, 2001
("Medicine man & cultural leader of the Navajo names
the spirits of life")
James Peshlakai ist Medizinmann der Navajo-Indianer
in Arizona/New Mexico. Er benennt in seiner Muttersprache
Navajo die spirituellen Kräfte des Lebens, wie sie aus
der Tradition seines Stammes bzw. aus dem Weltverständnis
der Indianer erwachsen sind.
Die Indianer besitzen keine schriftliche Geschichtstradition.
Ihr Wissen und ihre Geschichte sind personengebunden, die
Weitergabe an die nächste Generation erfolgt über
Tänze, Gesänge und als Erzählung. Zu Beginn
des Videos singt Peshlakai, da bestimmte "Spirits"
nur in Form eines Gesanges artikuliert werden können.
Ihre Charakterisierung liegt hier vor allem in der Tonalität
der Stimme (und ist somit grundsätzlich unübersetzbar).
Ort: Vor einer mit orangefarbenen seriellen
Rundfenstern versehenen Trennwand in einem Sitzungsraum des
aus den 1960er Jahren stammenden Konferenz-Hotels "Little
America" bei Flagstaff/Arizona.
Zeit: Tagsüber
Code Talker 2: Dr. Steen Rasmussen, 2001
("Head of Biological Engineering at Los Alamos National
Laboratory explains the way to create artificial life")
Der Däne Dr. Steen Rasmussen, geboren
in der "Stadt Hamlets", ist heute ein führender
Biologe im Los Alamos National Laboratory (New Mexico), wo
u. a. die erste Atombombe der Amerikaner gebaut wurde. Hier
forscht er im Auftrag des Pentagon an der Entwicklung von
künstlichem Leben. Rasmussen spricht in seiner Muttersprache
Dänisch über die Generierung von Lebensformen im
Reagenzglas, wie sie dort in den nächsten Jahren voraussichtlich
stattfinden wird.
Ort: Los Alamos Indian Trading Post. Für
die Aufnahme mit Dr. Rasmussen wurde eigens ein "David-Lynch-Setting"
angefertigt. Als Referenz dienen der klassische weiße
amerikanische Vororts-Zaun "White Picket Fence"
(aus "Blue Velvet") sowie ein blinkendes überstrahlendes
Motel-Zeichen (aus "Lost Highway").
Zeit: Nachts
Courtesy Galerie
Andreas Binder, München
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