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Das Filmprojekt "Sieben
Frauen –
Sieben Sünden / Seven Women –
Seven Sins" wurde 1986
vom ZDF in Auftrag gegeben. Sieben Filmemacherinnen produzierten
jeweils einen kurzen Film zu einer der Todsünden:
Stolz |
Ulrike
Ottinger, "Superbia –
Der Stolz", 1986 (D), 35mm, Farbe, Ton, 15' 55'' |
Völlerei |
Helke
Sander, "Völlerei –
Völlerei? Füttern!", 1986 (D), 16mm, Farbe, Ton, 12'
56'' |
Faulheit |
Chantal
Akerman, "Portrait d'une paresseuse", 1986 (B/D), 35mm, Farbe, Ton, 7'
45'' |
Geiz |
Bette
Gordon, "Greed –
Pay to Play", 1987 (USA), 16mm, Farbe, Ton, 18' 46'' |
Zorn |
Maxi
Cohen, "Anger", 1986 (USA), 16mm, Farbe, Ton, 19' 43'' |
Neid |
Laurence
Gavron, "Il Maestro", 1986 (F), 16mm, Farbe, Ton, 14' 42'' |
Wollust |
VALIE
EXPORT, "Ein perfektes Paar oder Die Unzucht wechselt ihre Haut", 1986
(A), Video, Farbe, Ton, 13' 25'' |
"Sieben Frauen – Sieben
Sünden / Seven Women – Seven Sins" bietet sehr
unterschiedliche Antworten auf die Frage, welche Bedeutungen "so etwas
Unzeitgemäßes wie eine Todsünde" (Helke
Sander) heutzutage haben kann.
Der erste Beitrag,
"Superbia –
Der Stolz" von Ulrike Ottinger, ist der Hoffart
gewidmet, die als erste der christlich-mittelalterlichen
Todsünden und als Wurzel aller übrigen galt. Der
Triumphzug der Superbia zieht langsam an der Kamera vorbei, zu sehen
sind u. a. Gestalten mit Drachen- und Pfauenleibern,
Giraffenköpfen, Panzern und Peitschen. Superbia, schrieb der
Filmkritiker Andreas KiIb in der Wochenzeitung DIE ZEIT,
"fährt zu ihrer ,Hochzeit mit der Welt'. Eine Bluthochzeit: im
Parallelschnitt sieht man Polizei und Militär marschieren,
Bombenkrachen vermischt sich mit Feuerwerksgeknall, Parademusik mit
Buschtrommeln. ,Superbia', Stolz, ist ein männlicher Wahn."
Die zweite Episode,
"Völlerei –
Völlerei? Füttern!" von Helke Sander
verkehrt die Völlerei in ihr Gegenteil: den Zwang zu
füttern. In Sanders Neuinterpretation des biblischen
Sündenfalls rennt Eva dem Adam hinterher, "sie möchte
ihm klar machen, dass nichts BÖSES daran ist, den Apfel zu
essen. Sie VERSTEHT ADAMS Ablehnung nicht. Sie versteht sie bis heute
nicht. Und läuft ihm darum bis heute mit ihren Äpfeln
hinterher." (Dörte Haak / Helke Sander)
Mit der
Trägheit beschäftigt sich Chantal Akerman.
Um Filme zu machen, muss man aufstehen, sich anziehen und sich waschen.
In "Portrait d´une paresseuse" sieht man die Filmemacherin
selbst bei ihren Schwierigkeiten, ihre Faulheit zu überwinden.
Begleitet wird der Film von Sonia Wieder-Atherton am Cello.
Bette Gordons
Film "Greed: Pay To Play" schildert die Geschichte eines
Zimmermädchens in New York. Jeden Tag spielt es Lotto und
hofft, auf diesem Weg eines Tages dem öden Arbeitsalltag in
einem Luxushotel entkommen zu können. Als eine besonders
herablassende Kundin im Waschraum versehentlich sein Lotterielos
ruiniert, das der Überzeugung des Zimmermädchens nach
sicher gewinnen wird, setzt es einen entscheidenden Schritt.
In Maxi Cohens
Film "Anger", Zorn, sind verschiedene Personen zu sehen, die sehr
persönlich und eindrücklich schildern, was ihren Zorn
hervorruft. Cohen hatte zuvor in der New Yorker Wochenzeitung The
Village Voice eine Anzeige aufgegeben mit dem Wortlaut "Angry? What
makes you angry?" Gemeinsam ist den unterschiedlichen
Erzählungen ein Gefühl der Machtlosigkeit und
Entfremdung von der Gesellschaft.
Ein Dirigent, "Il
Maestro", steht im Mittelpunkt der Episode von Laurence Gavron
über den Neid. Die Kunst und das Talent des Dirigenten, Musik
lebendig werden zu lassen, weckt den Neid seines Neffen, der ihm
nacheifert. Schließlich tötet dieser den alten
Meister, um selbst die Bühne betreten zu können und
die Magie der Musik entstehen zu lassen –
oder es zumindest zu versuchen.
Die Wollust
in ihrer modernen Form ist das Thema des Videos "Ein Perfektes Paar
oder die Unzucht wechselt ihre Haut" von VALIE EXPORT.
Während früher der Verkauf nackter Haut als unkeusch
galt, inszeniert EXPORT die mit Werbezeichen besetzte Haut –
am deutlichsten erkennbar bei Sportstars – als neue Form der
Unzucht. "Ich sehe diesen Film in der Fortsetzung meiner bisherigen
Beschäftigung mit dem Körper als Träger
sozialer Codierung", schreibt sie. "War es bisher die Religion, die den
Frauen/Männern die Haltung diktierte, die sich auch in ihrer
Körpererscheinung ausdrückte, so ist es jetzt die
Wirtschaft, die diese Rolle übernommen hat."
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