Laurence Gavron "Il Maestro", 1986, Filmstill Courtesy of Women Make Movies

Laurence Gavron, Il Maestro, 1986 (F)
16mm, Farbe, Ton, 14 Min. 42 Sek.

In meinem Versuch, eine Todsünde wie den Neid darzustellen, wollte ich eine Persönlichkeit zeigen, die Neid nicht wegen etwas Konkretem empfindet, Gütern, die sie gerne besitzen würde. Ihr Neid entsteht gegenüber einem Talent, einer Kunst, einem Genie – etwas, das man nicht erwerben kann und das nur wenige besitzen.
Ich wollte von einem Künstler sprechen, genauer gesagt von einem Dirigenten, da ich dies für einen der schönsten Berufe halte, die es gibt. Aus der Gestik dieses Mannes, durch seine Hände, ersteht die Musik; sie erzeugen den Rhythmus, die Melodie, das Tempo, mehr oder weniger gelungen entsprechend der Kunstfertigkeit der Musiker, sicherlich, aber auch zum Großteil aufgrund der Kunst des Meisters – dieses großartigen Maestros –, dieses alten Mannes, immer noch so talentiert und so beneidet von seinem Neffen, der, obwohl er sich jeden Abend bemüht seinen Onkel zu imitieren, es niemals schaffen wird, ihn zu übertrumpfen oder es ihm wenigstens gleich zu tun.
Er geht soweit, den alten Meister zu töten, um seinen Platz einzunehmen, damit auch er schließlich die Bühne betreten und den roten Vorhang sich öffnen sehen kann, vor einem vollen Parterre, um die Magie der Musik entstehen zu lassen oder es zumindest zu versuchen.
Laurence Gavron

Laurence Gavron erhielt ihren Master Degree in Literatur mit einer Spezialisierung auf Film; sie studierte u.a. bei Jean Rouch (Film) an der Universität Paris X und bei Andreas Voutsinas (Drama). 1975 erarbeitete sie ein Projekt für ein Stück mit Ornette Coleman in New York. 1977 Organisatorin der Woche der Französischen Cinemathek beim Filmfestival in Cannes. Mitarbeit an Filmen von John Cassavettes, Mark Rappaport, Paul Barge und Jean-Louis Daniel. 1979 Mitarbeit an Wim Wender’s "Nick’s Movie-Lightning Over Water". Zahlreiche Veröffentlichungen (Artikel, Interviews, etc...) in Liberation, Cahiers du Cinema, On Film, Camera/Stylo, Positif und Les Nouvelles Litteraires.